Als das „Way Back When“-Festival 2015 zu Ende ging, schrieb ich auf meiner Facebookseite „Kann ich schon mal eine Karte für nächstes Jahr reservieren?“, was meiner Begeisterung für das Format wohl ausreichend Ausdruck verleihen sollte. Und so gehörte ich sicherlich auch zu den Ersten, die bereits Anfang des Jahres ein 3-Tages-Liebhaberticket in der Tasche hatten. Wer da spielen würde? Keine Ahnung zu diesem Zeitpunkt. Aber ich hatte vollstes Vertrauen. Und mein Vertrauen wurde nicht enttäuscht. Vom 29.09.–1.10. tat ich also (neben so ein bisschen Arbeiten tagsüber und Schlafen nachts) nichts, außer mir stundenlang und mit wachsender Begeisterung einen Künstler nach dem anderem reinzuziehen. Ein paar kannte ich bereits und ein paar waren mir völlig neu. Aber (fast) alle, die ich gesehen habe, konnten mich wirklich begeistern. Und damit Ihr auch etwas davon habt, stelle ich Euch meine Favoriten im Folgenden vor. Jeweils mit nur einem Video, sonst würde es Überhand nehmen. Aber für alle, die sich noch mal intensiver mit den Künstlern auseinandersetzen möchten, habe ich außerdem noch eine Spotify-Playlist erstellt, die zu exzessivem, stundenlangem Musikgenuss einlädt.
Lola Marsh
Lola Marsh waren gleich der erste Act, den wir uns am Donnerstag angeschaut haben. Ursprünglich mal als Duo aus Frontfrau Yael Shoshana Cohen und Multiinstrumentalist Gil Landau gestartet, besteht die israelische Band mittlerweile aus fünf Musikern und überzeugt nicht nur durch besonders blümerante Bühnendeko und die ausgesprochene Schönheit der Sängerin (auch wenn manch ein Zeitgenosse in meiner Umgebung auf diesen Aspekt gesteigerten Wert zu legen schien), sondern vor allem auch durch die atmosphärisch dichte Musik und Darbietung. Auf jeden Fall ein mehr als gelungener Start ins Festival für mich und eine Band, die ich im Auge behalten werde.
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Wintersleep
Auf Wintersleep hatte ich mich echt gefreut, nicht nur weil das Konzert das letzte dieses Festivals für uns war, sondern auch weil alles, was ich von der kanadischen Band kannte, auf ein musikalisch eindrucksvolles Finale schließen ließ. Nun, das war es auch, aber leider nur sehr einseitig. Während die Instrumente ordentlich Wumms hatten und die Menge zum Tanzen und Schwitzen brachten, ging der Gesang leider zu großen Teilen völlig unter. Ich stand in der ersten Reihe und sah Sänger Paul Murphy zwar kontinuierlich den Mund bewegen, aber von dem, was herauskam, kam so gut wie nichts bei mir an. Zu bedauerlich. Das Konzert habe ich trotzdem genossen und vor allem reihenweise Fotos von Gitarrist Tim D’eon gemacht, der mich mit seiner Jesus-meets-Helge-Schneider-Optik nachhaltig fasziniert haben muss.
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Giant Rooks
Ebenfalls am Samstag standen die Giant Rooks auf dem Programm, von denen ich zuvor aber mal so gar nichts gehört hatte. Zum Glück half Google weiter: Eine (sehr, sehr) junge Band aus Hamm also. Die von ihrer Musik als Art-Pop und von Vorbildern wie Alt-J, Arcade Fire und James Blake spricht. „Okay“, dachte ich, „ambitioniert“. Ich schaute mir zwei Videos an. Zuerst „Småland“ und dann „Chapels“. Und danach war klar: da muss ich hin. Und das dachten wohl viele. Während ich die Locations bei einigen anderen Künstlern als überraschend leer empfunden hatte, drängten die Zuschauer hier derart in den kleinen FZW Club, dass sie von Sänger Frederik Rabe angehalten wurden, etwas näher zusammenzurücken, damit auch alle einen Platz finden. Und die Performance war wirklich beeindruckend. Nicht nur die großartige Stimme des jungen Frontmanns, auch die Bühnenpräsenz allgemein und die Abgeklärtheit, mit der die teilweise noch zur Schule gehenden Mitglieder der Band agierten, ließen mich kurzzeitig vergessen, dass die Giant Rooks im Mittel halb so alt sind wie ich selbst (OH. MEIN. GOTT). Der wirklich überdurchschnittliche Applaus sprach für sich: Die muss man auf dem Schirm behalten. Endlich mal eine vielversprechende deutsche Band.
P.S. Leider gibt es die Giant Rooks nicht auf Spotify, da müsst Ihr bei Interesse selbst recherchieren.
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Isolation Berlin
Nun heißt Deutsch ja nicht unbedingt deutschsprachig, wie man bei den Giant Rooks sieht. Diesen Part übernahmen Isolation Berlin dafür umso lautstärker. Immerhin zwei deutschsprachige Acts haben es dieses Jahr auf meine Setlist geschafft, was angesichts meiner persönlichen Schwierigkeiten mit deutschsprachiger Musik eine beeindruckende Quote von 18,18% ergibt. Aber zurück zu Isolation Berlin. Kannte ich vorher auch nicht und habe mich einfach mal durch die Top-Titel bei Spotify gehört. Anerkanntes Auswahlverfahren meinerseits. Und spätestens bei der Zeile „und aus den Wolken tropft die Zeit“ (was übrigens auch der Titels des Debütalbums ist) hatte ich die Band gekauft. Zugegeben, ich finde nicht alle Songs gleich stark und auch das Auftreten des Sängers Tobias Bamborschke hat mich etwas unentschlossen zurückgelassen, aber insgesamt betrachtet kann ich dem oft rotzigen Sound, der sich mit melancholischen Momenten abwechselt, doch so einiges abgewinnen. Das wäre jetzt nichts, was ich mir unbedingt zuhause anhören würde, aber live und gerade in so einem Festivalrahmen auf jeden Fall ein Erlebnis.
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Faber (zusammen mit Tillmann Ostendarp)
Was soll ich sagen? Faber fand ich super. Und auch der junge Schweizer singt auf Deutsch. Mit einer großartigen Stimme, die live (und vor allem in einer Kirche) noch mal viel beeindruckender rüberkommt als im Video, mit ironischen Texten, mal kritisch, mal augenzwinkernd, und mit einem ebenfalls großartigen Tillmann Ostendarp, der ihn unter anderem auf der Posaune mit ordentlich Hummeln im Arsch begleitet hat. Die Meute stand in, auf, zwischen und neben den Kirchenbänken und tanzte. Das muss man erst mal hinbekommen. Für mich eine DER Überraschungen des Festivals. Würde ich mir auf jeden Fall wieder ansehen. Danke dafür.
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Sara Hartman
Sara Hartman ist aus den Hamptons nach Berlin gezogen. Davon kann man jetzt halten, was man will, aber in ihrem Fall scheint es die richtige Entscheidung gewesen zu sein. In den letzten Monaten war sie unter anderem mit Ellie Goulding und Family of the Year auf Tour. Und auch wenn ich ihre Musik (wenn sie nicht gerade wie im Video akustisch vorgetragen ist) einen Ticken zu elektronisch finde, ist ihre Stimme, ihre Musik und ihre Ausstrahlung absolut bezaubernd. Sie hat beim Konzert ein Lied gesungen, das sie für ihre siebenjährige Schwester zum Geburtstag geschrieben hat, was nicht nur ihr die Tränen in die Augen getrieben hat. Leider scheint es online nirgendwo verfügbar zu sein, daher werde ich sie jetzt so lange stalken, bis sie es veröffentlicht ;)!
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Seafret
Auch Seafret habe ich in der Pauluskirche gesehen und ich glaube fast, in einer Kirche kann man mir alles servieren und ich finde es geil. Die Akustik dort ist einfach der Hammer. Aber lasst Euch nicht auf eine falsche Fährte führen, Seafret finde ich auch außerhalb des sakralen Raums absolut hörenswert. Ich finde ja, man hört ihrer Musik an, dass die beiden aus einem kleinen englischen Küstenort kommen. Und englische Küstenorte finde ich ohnehin sympathisch. Und die beiden auch.
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Augustines
Die Tatsache, dass die Augustines sich trennen und dies die letzte Gelegenheit sein würde, sie noch einmal live zu sehen, ließ den Alternativen auf dem Spielplan am Freitagabend keine Chance. Und das, obwohl eigentlich Rhodes parallel angesetzt war. Da kann man fast schon von Glück sprechen, dass Rhodes kurzfristig sagte, so hatte meine innere Zerrissenheit keine Chance. Und die Augustines haben auch echt noch mal alles gegeben. Es war großartig. Wir haben getanzt und geschwitzt, genau wie Sänger Billy McCarthy es sich gewünscht hat und das Konzert war eins meiner beiden absoluten Highlights des Festivals. Und jetzt bin ich zugleich froh, dass ich dabei war, und traurig, dass es das letzte Mal war.
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The Slow Show
Ich kann es nicht leugnen: Ich bin verliebt. The Slow Show waren bereits 2015 mein absolutes Highlight und sie waren es auch 2016. Ich stand wieder in der ersten Reihe, hatte eine Dauergänsehaut, mit Sicherheit ein debiles Grinsen im Gesicht und nicht nur einmal eine Träne im Augenwinkel. In einem Anfall von Fangirltum, der überhaupt nicht meinem sonstigen Naturell entspricht, habe ich mir nach der Show das just in diesem Moment erscheinende, neue Album gekauft, mir unter dämlichem Stammeln Autogramme auf eben dieses Album geben lassen und das alles, und jetzt könnt Ihr wirklich an meinem Verstand zweifeln, obwohl ich seit Jahren keinen CD-Player mehr besitze. Ich nehme an, das sagt alles. Das Video zu „Dresden“ habe ich gewählt, obwohl es alt ist, einfach weil ich den Song sehr, sehr liebe. Aber das neue Album, von dem es noch keine Videos gibt, ist auch ganz großartig und ich werde es mindestens bis Ende des Jahres in Dauerschleife hören und mich in tiefer, tiefer Melancholie suhlen. Ich habe die letzte Woche schon festgestellt, dass das auf dem Weg zur Arbeit nicht immer die beste Idee ist, weil ich dann dazu neige, im Auto gleich mal eine Runde zu heulen, aber was solls? Ich stehe zu meinen manchmal überbordenden Gefühlen. Und zu meiner „The Slow Show“-Liebe.
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Und jetzt? Jetzt würde ich gerne schon mal ein Ticket für nächstes Jahr reservieren. Wenn das jemand arrangieren könnte, wäre ich extrem verbunden. Bitte. Danke. Und bis 2017. Wir sehen uns.
Liebe Fee, Danke das du uns so ein bisschen teilhaben lässt Auf Giant Rocks wäre ich sonst wohl nie gestossen. Auch die anderen Künstler sind es wert entdeckt zu werden ;-). Super….. LG Renate
Na, wieso sollte nur ich etwas davon haben ;)? Aber es freut mich, dass ich mit meiner Freude daran nicht alleine bin…
Awww, Giant Rooks – ich bin sehr angetan! (Danke für diese Entdeckung!)
Naja, ich habe ja selbst nicht viel dafür getan ;)! Aber schön, dass sie dir auch gefallen…
deine playlist unterstützt mich gerade beim hausputz … feine zusammenstellung. gefällt mir sehr!
Da kann jeder Hausputz nur von profitieren ;)!