Ich habe mir einen Briefbeschwerer gekauft. Ich sah ihn, er war reduziert, und ich wusste: Ich muss ihn haben. Das ist erst mal eine relativ unspektakuläre Feststellung, denn wahrscheinlich interessiert sich hier kaum jemand für meine Briefablage, geschweige denn dafür, wie ich sie beschwere. Fakt ist: Ich beschwere sie gar nicht. Niemals in meinem Leben verspürte ich das Bedürfnis, einen Briefbeschwerer zu besitzen und daran hat sich auch nichts geändert.
Was ich hingegen in letzter Zeit massiv verspürte, denn ich bin ein Lemming, war das Bedürfnis eine Glaskugel zu besitzen. Eine Glaskugel, wie ich sie in letzter Zeit überall gesehen hatte. Eine Glaskugel, um die Welt auf den Kopf zu stellen. Eine Glaskugel zum Fotografieren.
Nun haben die Glaskugeln, die man überall zu diesem Behufe erwerben kann – im Fachjargon „Glaskugel in Fotografenqualität“ genannt –, einen entscheidenden Nachteil: Es handelt sich nämlich um Kugeln. Und Kugeln haben die unangenehme Eigenschaft zu kugeln. Sprich: Sie rollen weg. Glatte Oberflächen, leichte Schrägen oder auch Wind: Alles keine Freunde der Kugel. Vorausgesetzt man schafft es überhaupt, die Kugel in einer halbwegs stabilen Position zum Liegen zu bekommen – ich wette: just in dem Moment, in dem man das Motiv in der Kugel fokussiert hat, rollt sie davon.
Und jetzt kommt mein Briefbeschwerer ins Spiel. Auch er kommt als Glaskugel daher, genauso klar, genauso schlierenfrei, ohne Luftbläscheneinschluss, in der für mich perfekten Größe von 8cm Durchmesser bei einem Gewicht von knapp 700g. Und das Beste: Er ist unten abgeflacht. Ich kann ihn überall hinlegen und er rührt sich nicht vom Fleck. Zu sagen, ich sei verliebt, wäre untertrieben.
Neues Fotospielzeug ist ja für mich immer ein Grund, meinen Lieblingsorten in Dortmund einen Besuch abzustatten. Alte Perspektiven bekommen so besehen ganz neuen Glanz. Da verhält es sich genau wie mit meinen Lomo-Kameras: Dinge, die man ansonsten kaum mehr eines Blickes würdigt, weil sie einfach zum alltäglichen Stadtbild dazugehören, drängen sich plötzlich wieder in die Wahrnehmung. Und das persönliche Fotoalbum füllt sich mit Aufnahmen der eigenen Stadt.
Meine Welt steht Kopf, sagen wir, und meinen damit, dass gerade alles durcheinander ist, man nicht mehr weiß, wo hinten und vorne ist, die Welt vermeintlich aus den Fugen gerät, dass das Chaos regiert. Dabei ist die Welt, wenn wir sie um 180° drehen, immer noch unsere Welt – wir betrachten sie nur aus einem anderen Blickwinkel. Und vielleicht ist das manchmal auch gar nicht so schlecht. Wir schauen genauer hin, erkennen Zusammenhänge und sind in der Lage, Dinge für uns zu ordnen und neu zu bewerten. Ob man dafür jetzt eine Glaskugel braucht, liegt vermutlich im Auge des Betrachters, aber schaden tut sie mit Sicherheit auch nicht.
Pro-Tipp von mir: Glas bleibt Glas. Deswegen gilt: 1) Habt immer ein Mikrofasertuch dabei, denn Fingerabdrücke sieht man. Mein Gegenlichtfoto vor Phoenix West mag als abschreckendes Mahnmal dienen ;)! 2) So eine Glaskugel ist ein 1A Brennglas. Sie entzündet trockenes Gras (und vermutlich vieles andere auch) und schmerzt zudem höllisch, wenn man sie bei günstigem (oder ungünstigem) Sonnenstand zu lange in der Hand hält. Ich dachte beim ersten Mal ernsthaft, mich hätte eine Wespe gestochen. Tja, so lernt man noch was über Physik. Ist ja nie zu spät dafür…
Wenn Ihr das nächste Mal einen gläsernen Briefbeschwerer seht, denkt an mich: In seiner eigentlichen Funktion mag er für manche den Charme einer gehäkelten Klopapierabdeckung besitzen, etwas kreativer betrachtet lädt er ein zu einer Reise durch die eigene Stadt. Und wer sich nicht zu schade ist, anderthalb Pfund auch dauerhaft durch die Gegend zu schaukeln, entdeckt damit vielleicht sogar die Welt. Etwas kopflastiger vielleicht, aber dadurch viel intensiver.
Dieser Post erscheint ebenfalls auf „Dortmund überrascht. Dich“ – der Website zur gleichnamigen Imagekampagne. Für die Erstellung habe ich ein Honorar erhalten. Die zusätzliche Veröffentlichung hier erfolgt aus freien Stücken. Einfach weil ich glaube, dass es Euch auch interessiert :)!
Supersupersuperschön sind die Fotos! Ich kann deine Begeisterung absolut teilen!
Liebe Grüße,
Anja
Ein wundervoller Beitrag und noch wundervollere Bilder. Was nicht so alles aus einem Briefbeschwerer werden kann. Dankeschön!
Liebe Grüße, Manja
Das ist ja ein Zufall! Ich war HEUTE in der Ausstellung „Parkomanie: Die Gartenlandschaften des Fürsten Pückler“ in der Bundeskunsthalle in Bonn (<- und nein, ich schreibe das hier nicht, um mich als intellektuelle Museumsbesucherin selbsdarzustellen 😉 ) und der gute Fürst hat genau diesen "Kniff" auch verwendet! In den von ihm gestalteten Gärten hat er an günstig gelegenen Blickachsen solche Kugeln (auf Stäben) aufstellen lassen, damit sich ein schönes Bild des Gartens darin spiegelt. Du reihst dich also quasi in eine jahrhundertealte Tradition der Gestaltungsvirtuosen und Künstler ein, liebe Fee!
Für mich war das beim Lesen deines Posts eben ein totaler Aha-Effekt… so à la "Aha! Heute doch schon mal gesehen" 😉
Offensichtlich ein umtriebiger Mann dieser Fürst Pückler. Und dann bleibt er der Nachwelt aufgrund eines Eissandwiches in Erinnerung ;)!
Wow, da steht Dortmund Kopf 😉 Wirklich toll- auf die Idee muss man erstmal kommen. Bin ganz hin und weg…
LG aus der Nachbarschaft, Yvette
Auf die Idee kamen schon viele, da bin ich eher ein schamloser „Kopist“ – nur das mit dem Briefbeschwerer, das geht auf meine eigene Kappe ;)!
auch welche Ideen du immer kommst . ich mag deine kreativen Fotos
echt total gerne . du bist so ein genialer kreativkopf 😀 MIIIITTT dem
talent für wunderschöne fotos ..
gefällt mir 🙂
alles liebe
die 180°verdrehte sarah
Das ist doch schon wieder viel zu viel des Lobes. Aber ich freue mich sehr darüber <3
ich musste dem glaskugeltrend auch nachrennen und bin jedes mal leicht überfordert, wenn die kugel herumkugelt. dennoch liebe ich das teil, obwohl ich noch nicht so oft damit draußen war.
dass auf deinem gegensonnenfoto ein fingertapser drauf ist ist richtig schade, das bild ist so genial. ansonsten auch: wunderbare ansichten. das mit dem brennen hab ich schon öfter gehört, davon werd ich mich wie ich mich kenne erst selbst überzeugen müssen ^.^
Ich werde den Sonnenuntergang noch einmal zu reproduzieren versuchen, das nagt auch an mir ;)! Ansonsten ist das mit dem Brennen echt übel. Und das geht fix…
sososososooooooooo schön 🙂 bin entzückt! das finger-abdruck-bild find ich durch die sonne besonders schick… vielleicht muss ich aus der sammlung meiner mutter mal so ein teil „ausleihen“ 🙂
Ja, deshalb habe ich es auch mit in die Sammlung reingenommen, obwohl der Fingerabdruck es verunstaltet. Nobody is perfect, nicht wahr ;)?! Und: Unbedingt leihen!
Was für tolle Fotos! Ich bin begeistert!
Liebe Grüße
Steffi
Ich brauch einen Briefbeschwerer Oo 😀 Das Problem mit dem wegrollen ist nämlich immer dasselbe.. 😀 Deine Bilder sehen so klasse aus! 🙂
Die Lösung ist so offensichtlich, nicht wahr ;)?
Sehr coole Bilder! Ich brauch unbedingt auch so eine Kugel! 🙂
Liebe Grüße, Biene
Die Fotos sind großartig!
Liebe Fee, gerade nehme ich an einem kleinen privaten Foto- Battle zum Thema ‚Perspektive‘ teil, da kam Dein toller Post wie gerufen und war super inspirierend, 1000 Dank!
LG Geli
Das freut mich :)! Viel Spaß beim Rumkugeln…
Wow was für tolle Bilder!
Ich hab diese Art der Fotos gerade zum ersten Mal gesehen und bin total begeistert!
Einen Briefbeschwerer hab ich auch – grrrrrrrr der ist aber türkis mit gaaaaaanz vielen Luftblasen drinn 😉
Mmmh, ja das könnte schwierig werden ;)! Außer du willst eine Unterwasserwelt simulieren :D!
Das ist der beste Briefbeschwerer aller Zeiten 😀 sehr coole Bilder 🙂
Das ist er. Auch wenn man sonst überhaupt nicht auf Briefbeschwerer steht ;)!
Tolle Bilder.
Es hat nix geholfen, ich musste auch so eine Glaskugel haben. Ichmuss eindeutig noch üben (http://mathildemag.com/2016/08/durch-die-glaskugel-gesehen/#more-4957), bis meine Fotos auch so klar im runden Inneren werden, aber dann steht die Welt auch Hamburg Kopf. und anderswo, natürlich.
Tipps, wie das klappt die Zeche so klar in der Glaskugel zu haben und den Hintergrund verschwommen aber erkennbar im Hintergrund? Mir fällt beim Kommentieren gerade auf, das ich mir dazu mal einen Blogpost wünsche.
Ganz wichtig ist es, präzise auf das Motiv in der Kugel zu fokussieren. Und den Effekt, dass der Hintergrund unscharf ist, bekommst du hin, indem du gleichzeitig eine sehr offene Blende wählst. Das hat auch gar nichts mit der Kugel an sich zu tun, das ist bei allen Motiven so… Viel Erfolg dir. Und viel Spaß vor allem :)!
Danke für die Tipps. Die weite Blende hatte ich auch schon ausprobiert, ärgerlicherweise will die Kamera im Halbautomatik-Modus den Fokus immer wieder von der Glaskugel verschieben. Nicht immer, aber immer wieder. Tja, dann hat heute auch noch die Sonne so toll geschienen, das sind wir hier in Hamburg ja nicht unbedingt gewohnt, so dass ich mir beim Fokussieren den Handteller beinah verbrannt hätte. Aber das wird schon noch.
Ja, auf den Brennlupeneffekt hatte ich ja auch hingewiesen ;)!
Ich würde für solche Bilder nie einen automatischen Fokus verwenden, der sich selbst das vermeintliche Hauptmotiv aussucht (ehrlich gesagt verwende ich den grundsätzlich nie). Ich stelle Mittenfokus ein und verschiebe den Punkt dann manuell, lasse dann aber in der Regel auf die entsprechende Stelle automatisch fokussieren. Damit fahre ich am besten.
Super Bilder, die machen sofort Lust auf Nachahmung! Was aber deine Posts so besonders machen, sind deine lustige Tekste zwischen den Fotos!! Beides zusammen machen es jedesmal zum Vergnügen hier bei dir zu lesen und zu schauen!
LG
Jojo aus Berlin (alias zjinzjit)
🙂
Ich danke dir ;)! Und freue mich sehr darüber, dass du hier UND auf Instagram vorbeischaust!
Hallo Fee,
da ich schon länger auf der Suche nach einer passenden Glaskugel bin, die auch abgeflacht sein soll, sieht diese hier perfekt aus. Wo hast du die denn her, ich habe nämlich so eine noch nicht gefunden?
LG
Hallo Jens, das wird dir leider nicht weiterhelfen. Die habe ich in einem Sonderverkauf gekauft und sie war ein Einzelstück. Sorry :/!
Dann begebe ich mich mal auf die Suche…danke dir trotzdem