Eigentlich war Mallorca ja gar nicht geplant. Eigentlich war gar nichts geplant. Außer der Tatsache, dass wir Mitte Oktober noch in den Urlaub fahren wollten. Was weniger daran lag, dass wir diesen Reisezeitraum als besonders optimal empfunden hätten, sondern an der Tatsache, dass eben nur die Reste übrig sind, wenn man sich ewig nicht entscheiden kann und die Kollegen dann schon ihre Urlaubstage geblockt haben. Tja. Man könnte nun sagen: Immerhin wussten wir schon WANN wir fahren wollten. Die Frage nach dem WOHIN hingegen trieb uns so lange um, dass wir uns weniger als einen Monat vor der Reise noch nicht mal auf ein Land festgelegt hatten.
Halbwegs warm sollte es noch sein und keine Stadt. Städteurlaube hatten wir in den letzten Jahren viele gemacht und endlich mal wieder sollte Entspannen oben auf der Agenda stehen. Wobei Entspannen nicht mit am Strand liegen und Wolken zählen gleichzusetzen ist, das stresst mich auf Dauer eher, vor allem wenn da noch andere Menschen am Strand sind. Nicht auszudenken ;)!
Entspannen hieß in unseren Köpfen eher: Viel Natur, wenig Hektik, kaum Pläne. Aber ihr glaubt doch nicht, dass diese Rahmenbedingungen es uns irgendwie erleichtert hätten. Ganz im Gegenteil. Selbst die Tatsache, dass wir beschlossen, nicht allzu weit weg zu wollen, beließ immer noch so viele Optionen im Pool, dass wir die Entscheidung vor lauter Überforderung immer weiter vor uns herschoben. Madeira, Korsika, Griechenland, Sardinien, Portugal und Kroatien schafften es zwar in die engere Auswahl, aber such mal nach einer Unterkunft, wenn du so gar keine Vorstellungen hast.
Etliche Wochen unmotivierter Suche später, stellten wir überraschend (ja ja ;)) irgendwann Mitte September fest, dass der von uns anvisierte Reisezeitraum mitten in den Herbstferien lag. Kein Wunder also, dass (egal wo wir schauten) kaum noch bezahlbare Unterkünfte zu bekommen waren. Vor allem dann nicht, wenn man doch recht genaue Vorstellungen davon hat, was man haben möchte und was nicht. Vor allem keine Bettenburg, je kleiner und individueller desto besser. Natürlich auch hübsch dabei, am besten mit einem Auge für schönes Design eingerichtet. Mit Vorliebe ruhig gelegen, aber trotzdem so, dass man alle Optionen für schöne Ausflüge hat. Dabei keine Ferienwohnung, auch wenn das natürlich Vorteile hat, aber jeden Morgen fürs eigene Frühstück sorgen wollten wir auch nicht. Und wenn jemand im Urlaub mal durchs Bad wischt, lässt man sich nicht schlagen. Trotzdem sollte ein Kühlschrank oder eine Minibar vorhanden sein (ihr erinnert Euch: die Spritzerei) UND das Bett sollte unseren hohen Ansprüchen genügen. Nicht zu hart, wegen meiner Spritzenbeulen, nicht zu weich, damit es keine Rückenschmerzen gibt. Nicht zu warm, nicht zu kalt, die eierlegende Wollmilchsau quasi. Und vor allem: Sowas ist vorher so gut abzusehen. Nicht. Kurz: Ich wühlte mich durch die bekannten Portale und wurde dabei immer deprimierter.
Und dann warfen Mitte September ein paar liebe Mitbloggerinnen auf Facebook plötzlich Mallorca mit in den Hut. Obwohl mein erster Gedanke eher in Richtung „Gott bewahre“ ging (ich berichtete bereits), nahm ich die Insel doch in meine Recherchen auf (Verzweiflung treibt spannende Blüten) und stellte irgendwann fest: Eigentlich genau das was wir suchen. Und dazu noch einfach und günstig von Dortmund aus zu erreichen und die Kosten für Unterkünfte schienen sich auch in Grenzen zu halten. Plötzlich dachte ich also: Warum nicht? Und wenn ich mir einmal etwas in den Kopf gesetzt habe, dann geht es immer erstaunlich schnell. Ich verbrachte einen halben Nachmittag am Rechner und als der Freund nach Hause kam, eröffnete ich ihm: „Ich weiß jetzt, wo wir hinfahren.“
Und weil der Freund weiß, dass es schwierig ist, mich von etwas abzubringen, wenn ich es quasi schon beschlossen habe, wählte er den Weg des geringsten Widerstandes: Er willigte ein. Und das war eine sehr weise Entscheidung von ihm, denn ich hatte eine gute Wahl getroffen: Es ging für zwei Wochen ins Finca-Hotel „Agroturismo S’Horabaixa“ in der Nähe von Felanitx im Osten der Insel. Und das stellte sich als echter Glücksgriff heraus. Und das sieht man auch, oder?
Die Finca existiert in dieser Form mittlerweile in der vierten Saison. Betrieben wird sie von Paloma und Roger, einem Paar ungefähr in meinem Alter, die eigentlich Industriedesigner sind und vorher jahrelang in Barcelona gelebt und gearbeitet haben. Bis sie die Schnauze voll hatten von Großstadt und Arbeitsalltag und beschlossen noch mal ganz neu anzufangen. Auf Palomas Heimatinsel. Mit einem Finca-Hotel. Obwohl sie vorher mit dem Thema Gastgewerbe so viel zu tun hatten wie ich mit Zahnmedizin oder Delphin-Dressur. Kann man mal machen. Vor allem dann, wenn anschließend sowas Liebenswertes wie „Agroturismo S’Horabaixa“ dabei herauskommt. Zwölf Zimmer bzw. Apartments mit im Grunde einfachem Standard, aber gespickt mit so viel liebevollen Details, dass man sich direkt wohlfühlt. Alles selbst restauriert und gestaltet. Eine bezaubernde Mischung aus alt und neu, rustikal, schlicht und modern und das alles mit DIY-Note on top. Die Ast-Lampe über unserem Bett, selbstgegossene Beton-Lampenfüße auf den Nachttischen, Konservendosenlampen im Außenbereich, die Beschilderungen, Hut-Lampen im Restaurant, kleine Willkommenstafeln, süße Pflanzenarrangements, Rundhölzer mit Schnüren als Kleiderstangen und und und.
Wir erwischten das letzte Apartment, bevor die Finca für unseren Reisezeitraum ausgebucht war. Direkt bei Roger und Paloma zu buchen ist übrigens immer am günstigsten und eine Flasche Wein gibt es noch obendrauf. Oder in unserem Fall (weil ich ja keinen Alkohol trinke): ein Gläschen köstliche, selbstgemachte Orangenmarmelade. Das traf sich perfekt – also das mit dem Apartment – weil wir einerseits die Annehmlichkeiten eines gemeinsamen, leckeren Frühstücks mit den anderen Gästen genossen, andererseits aber auch die Möglichkeit hatten, im Zweifel abends selbst etwas zu kochen und im Kühlschrank nicht nur meine Medikamente, sondern auch ein paar Getränke und Snacks unterzubringen. Alternativ gibt es übrigens für alle Gäste eine „Honest Bar“ – einen prall gefüllten Kühlschrank mit (alkoholfreiem) Bier, Softdrinks, Wasser und Schokoriegeln, Chips sowie (Kapsel-)Kaffee und Tee. Alles kostet einen Euro. Abgerechnet wird per Strichliste am Ende. Und ich sag mal so: Wir haben das Angebot ausgiebig genutzt. Günstiger geht es ja kaum. Und ein Abend, der mit einem eiskalten Bierchen auf der eigenen Terrasse unter dem Olivenbaum endet, könnte perfekter nicht sein. Außer noch wenn Coco, die Katze, einem Gesellschaft leistet (vielleicht habt Ihr sie im Video entdeckt) oder die Geckos zur nächtlichen Insektenjagd aus ihren Löchern kriechen ;)!
Übrigens: Für alle, die genauso matratzenfixiert sind wie wir – zu hart ist es hier wirklich nicht, es war uns anfangs eher zu weich und durchgelegen. Es stellte sich aber heraus, dass das daran liegt, dass zwei Einzelbetten nebeneinander stehen, die durch eine Auflage „verbunden“ werden. Und wenn man die Auflage entfernt, wird es viel besser. Noch nichts für Freunde von knallharten Sträflingspritschen, aber im guten Mittelfeld, und so auch viel atmungsaktiver. Und eine „Besucherritze“ haben wir auch zuhause. Damit kommen wir also gut klar…
Auch abgesehen von den Zimmern und gemeinschaftlichen Räumen (es gibt zum Beispiel einen Aufenthaltsraum mit vielen Büchern und einem Fernseher für alle) kann man sich hier mehr als wohlfühlen. Zumindest wenn man darauf steht, im Nichts zu sein. Und auch wenn ich es im Alltag vorziehe, mitten im Trubel zu sein, im Urlaub ist so eine Ruhe und Idylle perfekt. Die Finca ist eingebettet in Felder und Obstgärten und zwar in alle Richtungen, so weit man sehen kann. Überall blühen und gedeihen die schönsten Blumen, Bäume, Sukkulenten und Kakteen. Ich bin am ersten Tag fast ausgerastet vor lauter Begeisterung, was hier alles so in „freier Wildbahn“ in der mannshohen Variante wächst, was bei mir zuhause im Blumentopf in der Miniaturausgabe auf dem Fensterbrett steht. Auch die vielen Früchte, die überall malerisch von den Bäumen baumeln und teilweise morgens zum Frühstück serviert werden, von Granatäpfeln über Orangen bis hin zu Kakis, haben anhaltende Entzückungsanfälle in mir hervorgerufen. Es gibt einen (unbeheizten) Pool mit bequemen Liegen, eine kleine Kletterwand, eine Slackline (an der ich glorios gescheitert bin, wie man im Video sehen kann ;)) und für alle Fans der Fortbewegung auf zwei Rädern auch einen Fahrradverleih. Die Finca hat übrigens auch im Winter geöffnet, was wohl gerade für Bike-Touristen ein reizvoller Umstand ist. Ihr merkt: Selbst wenn man nicht ständig unterwegs ist: Langeweile gibt es hier nicht.
Wer abends übrigens nicht selbst kochen möchte und auch keine Lust hat, in einen der benachbarten Orte zum Abendessen zu fahren (was aber nicht weiter entfernt ist als 10-15 Minuten), der kann an sechs Tagen die Woche in der Finca zu Abend essen. Es gibt immer die Auswahl zwischen einem Fleisch- und einem Fischgericht (war auch etwas Vegetarisches dabei? Ich glaube schon…), die jeweils am Morgen bekanntgegeben werden. Und wenn es warm ist, wird einmal die Woche gegrillt. Für die Planung muss man morgens reservieren, aber das ist ja machbar. Wir haben das Angebot zweimal genutzt (am ersten und am letzten Tag) und waren beide Male sehr angetan.
Übrigens: Nachts sieht man hier kaum die Hand vor Augen, so wenig Licht gibt es in der Umgebung. Dafür kann man ganz hervorragend Sternbilder suchen. Und mit dem Auto auf dem Feldweg Rebhühner aufscheuchen, die im Scheinwerferlicht aussehen wie hektisch fliegende Steine. Ein großer Spaß. Wahrscheinlich weniger für die Tiere, aber ohne Licht fahren ist halt auch schlecht ;)!
Wer also Ruhe und Individualität schätzt, wer nichts dagegen hat, sich dauerhaft per Mietwagen fortzubewegen (ohne hat man hier keine Chance, aber das gilt auf Mallorca allgemein, wenn man etwas sehen möchte), wer keinen Luxus braucht, trotzdem aber eine liebevolle und saubere Unterkunft sucht, wer bei Idylle Schnappatmung bekommt und für all das kein Vermögen ausgeben möchte, ist im Finca-Hotel „Agroturismo S’Horabaixa“ genau richtig. Wir haben pro Nacht inklusive Frühstück für beide gerade mal 100€ bezahlt. Für ein Apartment. Gereinigt wird übrigens alle zwei Tage und dann gibt es auch neue Handtücher. Zusätzlich kann man sich jederzeit weitere Standhandtücher, aber auch Accessoires wie Strandmatten, Sonnenschirme und Taucherbrillen mit Schnorchel leihen, wenn man mag. Kostenlos. Und das Beste: Paloma und Roger sind furchtbar nett, helfen bei jedem Anliegen nach bestem Wissen und Gewissen und verraten gerne jederzeit ihre besten Geheim-Tipps in Sachen Ausflüge und Kulinarisches. Was will man mehr? Mir fällt nicht viel ein… Bestellt liebe Grüße von mir, wenn Ihr mal vorbeischaut. Und vielleicht sehen wir uns sogar?! Denn dass das nicht unser letzter Aufenthalt war, versteht sich wohl von selbst ;)!
P.S: Wenn Euch meine Reiseberichte gefallen, würde ich mich wirklich sehr über Eure Stimme beim diesjährigen Flandern Blog Award freuen. Und das Beste: Nicht nur ich kann dabei gewinnen (zumindest sofern da noch ein paar Likes auf mich entfallen in den nächsten Tagen), alle die voten landen auch direkt im Lostopf für eine Reise nach Brüssel. Noch bis zum 25.11. könnt Ihr dabei sein. Hier geht es direkt zur Abstimmung für meinen Beitrag. Tausend Dank ♥!
Ich liebe individuelle Unterkünfte in der Idylle für Erkundungen mit Mietwagen – genau mein Muster 😉 Ich persönlich habe auch nichts gegen die Ferienwohnung-Variante mit dem selber Frühstück machen – aber wenn das gemacht und auch noch geputzt wird, umso besser. Und da ich obendrein auch noch alles liebe, was mit Spanien zu tun hat, kommt deine Empfehlung gleich mal auf die interne Merkliste 😉
Nicht wahr? Das Beste aus beiden Welten ;)!
Habe beim Flandern Blog Award gerade für dich gestimmt! 😉 🙂
Liebe Grüße aus Karlsruhe,
Britta
Vielen Dank <3
Hallo liebe Fee,
wunderbarer Bericht und wunderbare Fotos wiedermal.
Ich selbst habe Mallorca immer wieder auf meiner Reiselandkarte gemieden. Dieser Massen-Sauf-Tourismus war in meinen Kopf total negativ verankert. Allerdings wurde ich vor ein paar Wochen besseren belehrt. Ich bin von Nord-Westen, Alcudia, quer durch die Sierra Tramuntana bis nach Sóller gewandert. Traumhaft. Niemals hätte ich eine solche ruhige Schönheit erwartet. Ich habe auch darüber gebloggt. Meine Fotos sind allerdings nicht so schön wie deine. Mehr Nebel und Berge halt.
http://dorisworld.at/2015/10/26/mallorca-und-die-berge-7-tage-80km-zu-fuss-durch-mallorca-und-was-ich-daraus-gelernt-habe/
Über den Osten von Mallorca habe ich schon viel Positives gelesen. Vielleicht auch bald eine Reise wert.
Alles liebe Doris
Ich finde die Bilder wundervoll. Sie zeigen halt noch mal eine ganz andere Seite. Ich wääre auch gerne mehr gewandert auf Mallorca. Vielleicht nächstes Mal dann…
so schöne bilder… ich überlege nur wegen deiner berichte jetzt wirklich auch im winter nach mallorca zu fahren 😀
Das ist bestimmt auch toll und noch mal ruhiger und entspannter!
Toller Bericht und schöne Bilder, die Lust auf Mallorca machen. Über einen Finca-Urlaub haben wir auch bereits nachgedacht, jedoch immer dagegen gestimmt, weil man nicht den "Luxus" eines Hotel`s hat, aber dieses Finca-Hotel wäre eine tolle Alternative… 😉
LG Frau JuB
Nun ja, Luxus in dem Sinne gibt es da wie gesagt nicht, aber ich denke wir verstehen uns schon ;)!
Daaaankeschöööön liebe Fee für diesen phänomenalen Bericht! Wir überlegen schon etwas länger, ob wir eine Bißchen der elternzeit auf Mallorca verbringen wollen. Da kommt mir dein Tipp gerade recht. Mit so nem kleinen Wurm gehts dann wohl eher nicht mehr ins Hotel ;-). Mallorca hat so wunderbare Seiten – sieht man ja schon an deinen Bildern. hach, ich könnte gleich losfahren 🙂 … Sooo und nun stimme ich mal noch für dich ab!
Liebste Grüße
Nadja
Da waren mehrere Paare mit Babys, das bietet sich also wirklich an. Würde mich sehr freuen, wenn ich Euch da geholfen hätte ;)!