Wer mir auf Instagram oder Facebook folgt, hat es am vergangenen Wochenende vielleicht mitbekommen: Ich war mit einem Filmteam in Málaga unterwegs, um ein hübsches, kleines Destinationsvideo für den Dortmunder Flughafen zu drehen. Und weil „Stadt“ zwar schön ist und spannend und vielfältig, aber eben nicht alles, haben wir uns den Montag reserviert, einen Mietwagen gebucht und sind raus in die Berge gefahren. Genauer in das Naturschutzgebiet El Torcal.
Und den Mietwagen braucht man auch, denn El Torcal liegt 45 km von Málaga und damit circa eine Fahrtstunde auf lustigen spanischen Serpentinenstrecken entfernt. Ich verrate hier sicher kein Geheimnis, wenn ich sage „Investiert lieber die fünf Euro mehr und nehmt das Exemplar mit Klimaanlage, selbst wenn es dann nur ein schäbiger alter Skoda Fabia mit klemmender Gangschaltung und stinkender Kupplung ist“. Aber zur Sicherheit erwähne ich es trotzdem noch mal.
Die spanischen Serpentinenstrecken erwähne ich auch mit Absicht, denn wenn Ihr einen ähnlich sensiblen Magen habt wie ich, könnte die Kombination aus extrem kurviger und steiler Strecke (zumindest gegen Ende) und ruckartigem Schalten und plötzlichem Gas geben eventuell dazu führen, dass Ihr bei Ankunft am Besucherzentrum ziemlich grün im Gesicht seid. Ich für meinen Teil war froh, dass ich mich in Anwesenheit dreier (zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr ganz so fremder, aber doch) fremder Männer nicht in hohem Bogen übergeben habe. Aber ich war nah dran. Ich war aber auch diejenige, die früher auf Familienausflügen in die Eifel regelmäßig über der Leitplanke hing. Sofern ich es bis dorthin geschafft habe. Aber das ist eine andere Geschichte.
Fakt ist aber: Der Ausflug ist die Qual in Wellen auflodernder Übelkeit auf jeden Fall wert. Das Karstgebirge mit seinen völlig irren Steinformationen, die sich über die Jahrmillionen durch Anhebung, Faltung, Dehnung, Eindringen von Wasser und schließlich Verwitterung durch Kohlensäure gebildet haben, war definitiv mein Highlight der gesamten Reise. Als ich während meiner Recherchen für den Trip Bilder des Gebiets entdeckt habe, war mir sofort klar: Da muss ich hin. Etwas das aussieht, als hätte der Felsenbeißer Pjörnrachzarck aus der „Unendlichen Geschichte“ dort mit seinem kleinen Sohn Bauklötze gespielt? Kann es noch perfekter werden?
Vom Besucherzentrum aus hat man die Qual der Wahl zwischen zwei Wanderstrecken: Die einfachere grüne Strecke mit circa 1,5km für die man nach offiziellen Angaben 45 Minuten braucht und die ungefähr doppelt so lange gelbe Strecke, die aber auch mit mehr Höhenmetern daherkommt und zwei Stunden in Anspruch nehmen soll. Auf der gelben Strecke sieht man naturgemäß mehr und hat auch auf der anderen Seite des Massivs noch mal die Möglichkeit für eine schöne Aussicht, aber auch die grüne Strecke ist sehr lohnenswert. Angesichts der Außentemperatur von bescheidenen 36°C und der Tatsache, dass wir das Lebendgewicht einer Kuh in Film- und Foto-Equipment mit uns herumschleppen, entscheiden wir uns spontan für die kürzere Strecke.
„Haben Sie auch genug Wasser dabei?“, fragt uns die nette Dame am Informationstresen mit beunruhigtem Blick auf unser Gepäck. Haben wir. Und wenn nicht hätten wir hier noch mal die Möglichkeit, Flaschen für die Wanderung zu kaufen. Und glaubt mir, das ist kein Verkaufsgespräch. Das ist ernste Sorge. Auch wenn ich kein großer Trinker bin: Hier unter der knallenden Sonne Südspaniens mit so gut wie keiner Möglichkeit auf Schatten kippe ich die Flüssigkeit literweise oben rein und habe das Gefühl, dass sie auf dem Weg bis in den Magen schon wieder verdampft ist.
Und los gehts. Hatte ich mir beim Blick auf den Streckenplan noch kurzfristig eingebildet, es könne sich eventuell um sowas wie „richtige Wege“ handeln, wird mir bereits nach fünf Metern klar: Nein! Nach zehn Metern denke ich „Wäre schon klug gewesen, du hättest deine neuen babyblauen Wanderschuhe mitgenommen, du Vollhorst!“ Habe ich aber nicht. Gut, wenigstens habe ich die Ballerinas gegen Chucks getauscht und auch meine Begleiter tragen etwas, dass sich im weitesten Sinne unter „festes Schuhwerk“ subsummieren lässt. Sandalen und verwandte Formen der Fußbekleidung lässt man hier besser zuhause. Je stabiler der Schuh und je besser das Profil, desto geeigneter. Wer Wanderschuhe hat, nimmt Wanderschuhe. Mein Rock ist dagegen kein Problem, wie mir gewisse Unkenrufe auf Instagram zu suggerieren versuchten. Sieht zwar scheiße aus zu den Chucks und meinen sexy weißen Sportsöckchen, ist aber schön luftig. Einzig, dass ich alle paar Meter damit in einer Distel hängenbleibe, ist vielleicht unter „semioptimal“ zu verbuchen.
Es geht über Stock und Stein. Naja, eher über Stein und Stein. Und über noch mehr Steine. Rauf und runter, rauf und runter. Und immer schön vorsichtig, wo man hintritt. Das ist nichts für Leute, die nicht gut zu Fuß sind, an Kniebeschwerden leiden oder größere Probleme mit der Koordination haben – für alle anderen ist es aber gut machbar, auch mit Kindern. Zumindest wenn man schaut, wo man hinläuft und nicht auf die Kamera starrt. Nicht, dass ich da Erfahrungen mit gemacht hätte. Wir laufen vorbei an Felsformationen, die lustige Namen tragen wie el Tornillo (die Schraube), el Cáliz (der Blütenkelch), el Sombrerillo (das Hütchen) oder el Cofre (die Truhe). Na gut, ob wir daran vorbeigelaufen sind, kann ich eigentlich gar nicht genau sagen. Ich weiß nur, dass es sie gibt. Fotogen sind sie aber alle. Und wir haben ihnen einfach eigene Namen gegeben. Zum Beispiel „Der Phallus“. Wer das dazu passende Foto in diesem Post findet, bekommt ein Fleißsternchen.
Dass das Gebiet seit 1989 ein Naturschutzgebiet ist, liegt übrigens daran, dass es hier nicht nur schicke Steine zu bewundern gibt, sondern auch eine vielfältige Flora und Fauna, die regelmäßig Botaniker und Zoologen zum „El Torcal“ lockt. Die 30 Arten wilder Orchideensorten, die hier wachsen sollen, sehen wir zwar nicht (oder wir erkennen sie nicht als solche), aber die verschiedenen Disteln sind auch sehr schick. Und das meine ich völlig unironisch. Wahrscheinlich waren wir für eine Blütenpracht einfach schon viel zu spät dran im Jahr. Auch die vielfältige Tierwelt bleibt uns bis auf zwei Gämsen verborgen, aber ich kann es gut verstehen, dass die Dachse und Uhus, die Steinböcke und Wiesel, die Geier und die Bergziegen bei dem Wetter eher irgendwo im Schatten chillen. Würde ich an ihrer Stelle genauso machen. Obwohl ich schon gerne mal „Hallo“ gesagt hätte.
Zum Abschluss unserer kleinen Tour, die am Talkessel „Torca de La Maceta“ kehrt macht und den ich dafür nutze, einmal in meinen Leben aus vollster Kehle ein „Echo“ gegen den Berg zu schleudern, schauen wir noch von der Aussichtsplattform beim Besucherzentrum auf das am Fuß von „El Torcal“ gelegene Dorf „Villanueva de la Concepción“, bevor wir in den Plastikstühlen des Imbiss-Restaurants versacken und augenblicklich in Schweiß ausbrechen. Solange man herumläuft, geht sowas ja meist, aber wehe, man hört dann auf. Ich bin eigentlich gar nicht so der Typ für exzessives Schwitzen, aber kaum habe ich mich niedergelassen, beginnt der Schweiß in Sturzbächen zu laufen. Innerhalb von Sekunden sehe ich aus wie geduscht. Mithilfe der kratzigen Papierservietten aus dem Old-School-Spender und meinem neu erworbenen Fächer versuche ich mich halbwegs wieder herzustellen, bevor es zurück ins nun kuschelig warme brütend heiße Auto und damit auf den Rückweg geht.
Der führt logischerweise wieder auf Serpentinenstraßen herunter, erscheint mir aber diesmal weniger schlimm. Vielleicht auch, weil ich mich dieses Mal mehr auf meine Umwelt konzentriere. Vorbei an wunderschönen Olivenbaumhainen, Andalusiern, die in gestreiften T-Shirts und mit Strohhüten auf ihren Pferden am Straßenrand entlangtraben und großen Schafsherden, die hier die Hänge der Bergketten abgrasen. Und im Zweifel auch einfach mal die Straße überqueren. Was dazu führt, dass wir mit quietschenden Reifen mitten auf der Straße stehenbleiben. Und zwar nicht, um die Schafe nicht zu überfahren, die könnte man im Zweifel einfach von der Straße hupen. Nein, sondern weil „WIR HABEN NOCH GAR KEINE TIERE IM VIDEO!“ Und weil Tiere im Video nicht reichen, sondern Tiere auch zwingend aufs Foto gebannt werden wollen, finde ich mich kurze Zeit später liegend auf der Bergstraße wieder. Von wegen „bessere Perspektive“ und so. Während sich hinter uns die Autos hupend zu stauen beginnen. Aber: Man muss halt Prioritäten setzen.
Tenor der Ansprache: Wenn Ihr mal in Andalusien unterwegs seid und noch besser in der Region Málaga, dann plant unbedingt einen Ausflug zum „El Torcal“ ein. Es lohnt sich. Kotzreiz und Schwimmübungen in der Schweißpfütze hin oder her. Grüßt den Phallus und die Schafe von mir. Und wenn Ihr die gelbe Route lauft, dann macht Fotos für mich, damit ich weiß, was ich verpasst habe. Vielleicht komme ich aber einfach auch noch mal wieder. Schuhe habe ich ja jetzt ;)!
Für diesen Beitrag habe ich kein Honorar erhalten, lediglich für den Videodreh vor Ort und das anschließende Posten des fertigen Films. Der kommt dann irgendwann demnächst…
Womit ein weiterer Beweis erbracht wäre, dass du eine echte Fee bist: in größter Hitze keinerlei Achselschweißflecken 😉
… und über das *Lebendgewicht Kuh* lächle ich immernoch….
Das war kurz vor der großen Schweißschwemme ;)! Ich bin gespannt auf das Video…
Hihi, das hab ich auch grad gedacht! Ich könnte ja nie und nimmer ein graues T-Shirt zu so einer Wanderung tragen… 😉 Die Landschaft sieht prächtig aus – du machst einem richtig Lust drauf!
Ich glaube aber, auf dem letzten Bild ist es schon ziemlich "glasig" – einfach überall nass ;)!
wow, was für eine Wahnsinnslandschaft !
da wird mein Geologenherz echt neidisch !!!
Ja, ich glaube für Geologen ist das sowas wie Disneyworld ;)!
soooo schön! da hat sich die mühe wirklich gelohnt! 🙂 sehr sehr toll!
freu mich schon auf das video! 😉
Also nach den Fotos zu urteilen, muss das ein toller Film werden! 🙂
Bin schon gespannt darauf.
Coole Story!!! Mit Hitze und Schweiß hatte ich im Winter nicht wirklich zu kämpfen als ich in Torcal war. Daher habe ich mich auf die gelbe Route gewagt, was sehr geil war. Kaum noch Leute und noch mehr grandiose Felsformationen ;o) Freue mich auf dein Filmchen!!!
Hach Mensch, ich glaube, ich muss da dringend noch mal hin ;)!
WOW!
Ich bekomm ne Gänsehaut….so schön und so tolle Bilder !
Da wäre ich gerne mal dabei gewesen trotz brütendheißerspiegeleieraufautobratwärme ;o)
Gruß an Dich
Petra
Super Inspiration für unsere Malaga / Andalusie-Reise, die Ende Oktober auf dem Reiseprogramm steht. Ich hoffe, es folgen dann irgendwann auch noch ein paar Tipps zur Stadt 🙂
Oh ja, die kommen, Zusammen mit dem Video. Ich weiß nur nicht, wie ich alles in einen Post pressen soll ;)!
Wow, das klingt echt brutal 😉 Ich war im Juni in Spanien unterwegs und fand auch, dass die Sonne dort viel gnadenloser herunterbrennt als an Deutschlands sonnigstem Tag – dabei war ich meist in der Stadt und nicht unbedingt in wüstenartigen, baumlosen Gegenden… Von daher Respekt für den Videodreh unter diesen Umständen.
Liebe Grüße,
Ela
Ach, ich würde gar nicht sagen, dass das groß anders ist als hier. Aber 36°C sind halt 36°C ;)! Und wandern (oder spazieren gehen) in den Bergen ist dann halt schon sportlich…
Mensch, auch bei 36°C sehen du, dein Pony und dein T-Shirt immer noch frisch aus – Respekt! Das kannst du locker als "Superkraft" angeben!
Selektive Fotoauswahl beziehungsweise geschickte Terminierung der Fotos nennt man das ;)!