„Glück ist…“ mit Stephanie von „stepanini“

Glück ist...
16. Mai 2015 / By / / 11 Comments

Stephanie, oder zumindest das, was ich dank ihres Blogs „stepanini“ über sie zu wissen glaube, ist einer dieser Menschen, die ich immer etwas ehrfürchtig aus der Ferne betrachte. Einfach weil sie so belesen, so reflektiert, so intellektuell überlegen wirkt. Und das ist als großes Kompliment gemeint, nicht dass das hier jemand falsch versteht. Stephanie wirkt auf mich wie jemand, der es verstanden hat. Das Leben. Oder der sich zumindest ständig auf der Suche nach der Antwort befindet. Seit ich Stephanies Text zum Thema Glück vor mir liegen habe, weiß ich, dass es wohl eher Letzteres ist. Aber vielleicht ist gerade das das Geheimnis hinter „tieferen Gedanken, die nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern wirklich durch sie hindurchstoßen“: Die Suche. Denn wer zu suchen aufgegeben hat, der braucht sich ja nicht mehr anstrengen. Oder auch: Wer „einfach nur“ glücklich ist, hat vielleicht am wenigsten darüber zu erzählen? Ich weiß es nicht. Was meint Ihr? Sehr sicher bin ich mir dagegen, dass ich Stephanies Gedanken zum Thema ganz wunderbar finde. Intelligent und mit dem Mut zur Selbstreflexion, auch wenn es vielleicht weh tut. Und ich würde Ihr, die sie so unglücklich mit dem „Ergebnis“ ist, gerne etwas von dieser Sicherheit abgeben.

In diesem Sinne: Danke, liebe Stephanie, für deinen wunderschönen Post und dafür, dass du dir die Zeit genommen hast, dir (für mich) Gedanken darüber zu machen.

"Glück ist..." mit Stephanie von "stepanini" - Gastpost auf "Fee ist mein Name" - Bildercopyright bei "stepanini"

Was Glück ist?

Selten fiel mir ein Text so schwer. Selten habe ich so gerungen. Ich dachte zuerst, dass es eben daran liegt, dass gerade so viel los ist, mir mal wieder der Rhythmus des Schreibens abhandengekommen ist, dass die Muße fehlt und die Zeit. Aber das ist es nicht. Es fiel mir so schwer, weil ich keine Antwort auf die Frage habe.

Ich weiß nicht, was das Glück ist. Ich frage es mich, ich suche, manchmal glaube ich es verstanden zu haben und dann wieder nicht.

Und deshalb ist alles was nun folgt, sobald niedergeschrieben schon wieder überholt und niemand wäre weniger qualifiziert diese Frage zu beantworten als eine wie ich, der das Zweifeln, Zaudern und Hinterfragen so nahe steht, die sich manchmal in der Melancholie verliert und deren Haut an einigen Tagen zu dünn ist, dass einfach zu viel Welt einströmt.

Was Glück ist? Ich weiß es nicht.

Was nicht heißt, dass ich keine großen Momente des Glücks habe. Ganz große. Unfassbar große. Zum Zerplatzen große. Dann fühlt sich alles leicht und klar an. Dann denke, ich weiß jetzt wie es geht. Ist doch nicht so schwer. Ich habe es verstanden, das Leben.

Aber das habe ich nicht. Nicht im Entferntesten.

"Glück ist..." mit Stephanie von "stepanini" - Gastpost auf "Fee ist mein Name" - Bildercopyright bei "stepanini"

Glück ist flüchtig.

Denn es gibt genauso oft die anderen Momente. Unglücklich wäre zu viel gesagt. Aber matt, melancholisch, schwermütig. In denen ich schwer trage an nichts Besonderem und irgendwie allem. Hadere mit mir und der gesamten Welt. Momente und Tage, an denen gar nichts zusammen passt und es einfach sehr weit weg scheint, das Glück. Oder doch auch wieder nah, weil ich zuweilen gerne bade im Schwermut und es eine andere Form, vielleicht die andere Seite des Glücks ist, denn sie hat verstanden, dass es kein Dauerzustand ist und sein kann. Glück ist nur möglich mit der Kontrasterfahrung. Selbst das liebste aller Lieblingsessen ist nur fad, wenn es jeden Tag serviert wird.

Normalerweise wird die Vielfalt der deutschen Sprache gelobt. In Bezug auf das Glück ist sie eher karg. Die Engländer nennen Glück happiness und streben sogar danach. Das Recht darauf dies zu tun haben sie in der Verfassung verankert. Die Franzosen nennen das Glück bonheur und sind damit vielleicht näher dran an dem, wie ich es bisher verstanden habe. Die Stunde des Glücks. Das sagt schon aus, dass sie auch ein Ende haben kann. Dass es nicht ewig anhält das Glück. 60 Minuten währen nicht ewig und sind irgendwann vorbei.
Wenn ich nicht sagen kann, was es ist, so habe ich immerhin schon gelernt, was es nicht ist. Ein Anfang.

"Glück ist..." mit Stephanie von "stepanini" - Gastpost auf "Fee ist mein Name" - Bildercopyright bei "stepanini"

Was Glück nicht ist

Ein Allgemeinplatz ist, dass es nicht an die äußeren Umstände geknüpft ist. Das habe ich mal wirklich früh verstanden. Geld, Besitz und Reichtum sind relativ. Ein anderer hat immer mehr und im dümmsten Fall ist es der Nachbar und das, sagen Studien, führt auf direktem Weg ins Unglück. Für Status, Karriere und Erfolg gilt es auch. Wobei ich dieses Glücksgefühl kenne, wenn ich mich sehr angestrengt habe. Wenn das Adrenalin langsam nachlässt und die Müdigkeit übernimmt. Dann gibt es ein seltsames Zwischenstadium der Glückseligkeit. Dass das das frei sein von Angst ist, einhergeht mit einem Gefühl der Unbezwingbarkeit und dieses berauschende Gefühl an Freiheit und nicht an Berufliches geknüpft ist, habe ich erst später verstanden. Früh genug. Denn weil sich Glück so gut anfühlt, will man immer mehr davon. Die Dosis wird erhöht, was eine Erhöhung der Schlagzahl bedeutet und dem ist dann irgendwann ein Ende gesetzt. Ein physisches, geistiges, emotionales. Das heißt dann ausgebrannt.

Das Glück scheint überall zu sein

Auch wenn ich nicht weiß, was es ist, das Glück, und wie ich es halten kann, dann ist es doch immer um mich. Nicht das Glück selbst, aber die Verheißungen und die Verpflichtung glücklich zu sein. Es gibt Glückskekse nicht nur beim Chinesen, sondern auch auf dem Hotelbettkissen. Glückliche Familien wohin man sieht: Im Fernsehen, den Zeitschriften. Instagram quillt über ob der vielen aneinander gereihten glücklichen Menschen und Momente. Es gibt Glückstee und Glücksratgeber und Glücksblumen. Alles greifbar. Alles machbar.

Und daraus entsteht dann fast so etwas wie eine Glücksverpflichtung.

Das Glück wird erwartet. Die Antwort, die jeder hören möchte auf die Frage, wie es denn geht. Glücklich muss nicht gleich sein, aber alles andere als gut, wird auch nicht gerne gesehen oder man müsse dann ja auch schnell weiter.

Und dann beginnt es im Kopf zu kreisen: Du hast doch alles. Dir geht es doch gut. Sei glücklich, sagt der Kopf.

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Das Glück ist klein

Die gängigen Antworten auf das, was Glück ist, ist das was die Philosophen Alltagshedonismus nennen. Das kleine Glück. Schwimmen am Morgen, überhaupt alles ganz früh am Morgen, wenn die Welt noch schläft und noch nicht ganz wach ist. Frisch bezogene Bettwäsche, der Geruch von Kaffee, wie weich und süß Kuchen schmeckt, wie noch warmer Kuchen schmeckt und riecht. So viele Momente, in denen meist alle Sinne zusammenkommen und es ist da, das kleine Glück.

Das Glück ist groß

Aber viel kleines Glück macht nicht das große. Denn da ist bei mir die leise Ahnung, dass es noch nicht einmal diese kleinen Dinge braucht zum glücklich sein, sondern dass es die Momente sind, in denen ich weiß, dass alles gut ist, so wie es ist, und dass selbst wenn es anders wäre, es auch gut sei. Der Rest ist eigentlich Beiwerk.

Ursache und Wirkung werden verwechselt. Nicht die Tasse Tee alleine am Morgen macht glücklich, sondern das Wissen um das Leben und das Dasein und das große Geschenk. Da rührt das Herz selbst heißes Wasser an.

Das ist die Suche nach dem Sinn oder die Frage nach dem warum und nach dem richtigen Leben. Auf die es keine Antwort gibt oder ganz viele.

Das Verstehen manchmal oder der Moment, wenn ich nicht fragen und suchen muss, das ist noch kleines Glück, aber schon ganz nah am großen. Feste zu geben, Menschen einzuladen, sich einzulassen. Sich zu verlieren in Gesprächen, bei Menschen, Filmen, Büchern, immer wieder Sätzen und Worten. Situationen und Bilder, die mich rühren. Wenn ich meine Angst überwunden habe und Neues wage.

Aber es ist nie eines dieser Dinge, sondern es ist das Gefühl, dass ich da bin, wo ich hingehöre, dass ich mit mir zufrieden bin, es gut ist, wie es ist. Ich nicht schneller, höher, besser, erfolgreicher, klüger, interessanter, liebenswerter sein müsste, sondern so wie es ist, alles ganz wunderbar ist.

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Glück ist mehr als flüchtig, klein und groß

Epikur beschreibt es als Glück der Fülle, das immer auch das Unangenehme, den Schmerz und das Negative einschließt, als eine Haltung zum Leben. Die Widersprüchlichkeit anzuerkennen. Das Leben zu nehmen, als das was es ist. Mit dem Negativen in mir und in meinem Leben zu leben. Dankbarkeit gegenüber dem Leben. „Mit dem, was gut tut, neuen Atem zu schöpfen, gerade in einer schwierigen Zeit, in der das Leben eng wird – und auf einer Höhe des Lebens darauf vorbereitet zu sein, dass es noch andere Zeiten geben wird.“ Maßstab ist nicht der einzelne Moment, sondern das Leben. Es muss in der Summe aufgehen. Abgerechnet wird zum Schluss.

Mein Glück

Was Glück ist? Ich weiß es nicht. Vielleicht alleine schon, es nicht zu suchen, es nicht halten zu wollen. Dann ist Glück nicht ein Moment, sondern mehr eine Haltung dem Leben gegenüber. Offen zu sein. Für alles, was kommt und für jeden, der einem begegnet. Geben zu können, loslassen zu können, zu lieben, zu leiden, traurig zu sein, alles zu geben, nichts zu erwarten, sich freuen können, dankbar zu sein.

Wenn das kleine Glück das große trifft, wenn auch die Traurigkeit ihren Platz hat, wenn das Suchen aufhört, das Vergleichen ebenso, wenn Dankbarkeit da ist für das Leben, das ein Geschenk ist. Wenn das Wissen da ist, dass es etwas Großes ist auf dieser Welt zu sein, dann bin ich sehr nahe dran an dem, was Glück für mich ist.

Und dabei weiß ich, dass ich immer noch nicht einmal die Hälfte verstanden habe. Aber das ist gut so. Zum Glück.

"Glück ist..." mit Stephanie von "stepanini" - Gastpost auf "Fee ist mein Name" - Bildercopyright bei "stepanini"

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11 Kommentare

  1. Liebe Fee,
    liebe Stephanie,

    ein wunderschöner Glücks-Beitrag!
    Es ist immer wieder spannend zu lesen, wo/ wo/ was/wann/ wieso… Glück für jemanden bedeutet!
    Eine tolle Blog-Serien!

    Liebe Grüße
    Julia

  2. grain de sel sagt:

    Auch von mir ein Dank an euch beide, Stephanie und Fee!
    Ich bin von euch zwei gerade ein bißchen glücklich gemacht worden…. 🙂

  3. Mond sagt:

    Ich denke vieles auch so. Wie wunderbar, Deinen Beitrag hier zu lesen.

    Liebe Grüße,
    Mond

  4. Danke. Dafür, dass Du, Stephanie, das formuliert hast, was ich manchmal ahne, hoffe, weiß, befürchte, vergesse. Ich bedenke das.

  5. Suza sagt:

    —-einfach nur schön——–
    gruß von susa aus Hamburg

  6. Kirsten sagt:

    Ein wunderbarer Text. Das Glück ist für mich gerade ein großes Thema. Schon komisch, dass ich gerade jetzt so viele Beiträge dazu finde!
    Liebe Grüße, Kirsten

  7. Anonym sagt:

    WOW
    Gruß, Anne

  8. Vivi sagt:

    Von allen Beiträgen, die ich hier zum Thema Glück gelesen habe, ist dieser hier (in meinen Augen) der beste. Du sprichst meine Gedanken aus, nur so viel schöner, als ich es jemals könnte. Danke dafür!
    Liebe Grüße,
    Vivi

  9. tau und tauschön sagt:

    Vielen Dank an euch beide!
    Dieser Text hat was gerührt in mir.

  10. Silke K sagt:

    Super schöner Text, der so viel sagt und doch so wenig weiß. Es sind viele Aspekte drin, die ich auch in meine Definition von Glück fasse. Mir gefällt auch die Haltung, hinzunehmen was kommt und offen zu sein, nicht immer nach dem besseren zu streben, sondern zu genießen, was man hat und wer man ist. Diese Einstellung verfestigt sich bei mir auch immer mehr und das macht zufrieden, es nimmt den Druck immer perfekt / die Beste zu sein, der allgegenwärtig zu sein scheint (durch FB, Instagram etc.). Danke für diesen tollen Beitrag.

  11. hello schnitzel sagt:

    Ich bin schlicht und ergreifend gerührt und könnte stepanini noch seitenlang weiter zuhören.

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