Fee ist mein Name und ich habe ein Herz für musikalischen Kitsch. Nun gut, nicht jeder Kitsch kommt mir ins Haus und vermutlich würde ich diese Tatsache, wenn man mich von außen damit konfrontieren würde, auch vehement bestreiten, aber tief in mir drin kann ich nicht leugnen, dass viele Stücke, die mit einfachen musikalischen Mitteln an menschlichen Gefühlen rühren sollen, bei mir genau das erreichen. Nun ist der Grad von „gutem Kitsch“ zu „schlechtem Kitsch“ ein schmaler und vor allem ein sehr subjektiver und von daher vermute ich, dass dieser Post bei der einen Hälfte von Euch „Nicht zu fassen, SOWAS findet die gut“-Entsetzen hervorrufen wird, während der andere Teil „Die arrogante Kuh hat meine Lieblingsmusik Kitsch genannt“ denkt – ich werde es also kaum jemandem Recht machen – aber das hält mich nicht davon ab, mich jetzt und hier hinzustellen und zu sagen: Ich find Musicals gut. Zumindest wenn ich mich darauf einlasse.
Gut, ich sollte diese Aussage in einen Kontext stellen – eigentlich klingt das nämlich deutlich absoluter als alles, was ich zu sagen befugt bin, denn live habe ich bisher erst ein einziges Musical gesehen: Starlight Express, um genau zu sein, und zwar irgendwann Mitte der Neunziger. Damals fand ich das super und kann auch immer noch einen Großteil der Texte begeistert mitsingen. Ob das jetzt daran liegt, dass das Stück wirklich so toll ist, oder ob ich da rückblickend etwas verkläre, lassen wir mal dahingestellt sein. Ansonsten beruht die obige Aussage einzig und allein auf der Kenntnis einzelner (meist sehr bekannter) Musicalsongs, die mir durch Funk, Fernsehen, Internet und anderer bild- und tongebender Medien im Laufe mein Lebens zugetragen wurden.
Aber ich quatsche schon wieder viel zu viel, denn worauf ich eigentlich hinaus will ist folgendes: Ich war letzten Freitag im Musical. Zum zweiten Mal in meinem Leben. Und dazu wäre es unter „normalen Umständen“ vermutlich nie gekommen, denn auch wenn ich Musicals gut finde (oder das zu tun glaube), ist das so ein Posten, für den ich einfach nie auf die Idee komme, Geld auszugeben. Genauso wenig wie für Oper, Operette, Theater, Schauspiel, Ballett, you name it – und auch all das vermag mich zu begeistern. Vielleicht hat das auch etwas damit zu tun, dass ich mit meiner Zuneigung für die darstellenden Künste in diesem Haushalt ziemlich alleine dastehe (ja, lieber Freund, ich rede von dir), wer weiß?! Fakt ist jedenfalls: Wäre mir nicht vergangenen Donnerstag kurzfristig eine Einladung zum Musical-TweetUp im Rahmen der „Elisabeth“-Tournee, die gerade in Essen gastiert, organisisiert von livekritik.de in die Bude geflattert, ich wäre vermutlich nie in die Verlegenheit gekommen, mein Verhältnis zu Musicals Euch gegenüber zu erörtern ;)!
Aber der Reihe nach: Ich fuhr also vergangenen Freitag nach Essen. Schauplatz des Geschehens: Das Colosseum Theater. Ich war noch nie da, verliebe mich aber auf den ersten Blick. Industrieromantik (es handelt sich hierbei um eine alte Krupp-Werkshalle) gepaart mit „Rotem Teppich“-Charme. Um es Neudeutsch auszudrücken: What’s not to love? Ich treffe den Rest der bunt gemischten Web-2.0.-Truppe am Bühneneingang, von wo aus wir zunächst zu einer kleinen Backstageführung aufbrechen. Ich will hier nicht die ganze Zeit nur von mir reden, aber ich stehe ja auf diese Theaterwelt. Leider fehlt mir jegliches Talent in allen erforderlichen Disziplinen und auch die kurzfristige Idee, eine „Karriere“ als Bühnenmalerin zu starten, begrub ich nach Ablauf des dreimonatigen Praktikums am Theater Dortmund aufgrund mangelnder Zukunftsaussichten. Trotzdem finde ich hinter oder auch auf so einer Bühne zu stehen nach wie vor massiv spannend und so bin ich auch gleich die Erste, die völlig fasziniert (und ohne vorherige Aufforderung) in die Blackboxes neben der Bühne stapft, in denen während der Show die rasanten Kostümwechsel stattfinden. Gerade die Darstellerin der Elisabeth, die wirklich großartige Roberta Valentini, muss sich nach manchen Szenen innerhalb von nur weniger Sekunden in ein neues Outfit UND eine neue Perücke pressen… und danach völlig entspannt weitermachen!
Nach und nach (aber nicht bevor alle mal eine Runde mit der irren Drehbühne gefahren sind) tröpfelt die versammelte Mannschaft hinter der Bühne ein und macht hemmungslos Fotos der unzähligen Outfits und Perücken, die da so für die Künstler bereitstehen. Gerade ist die Chefin der Maske damit beschäftigt, Cousin Ludwigs Echthaarlocken auf Vordermann zu bringen – mit großem Abstand die schickste Fönwelle Lockenstabwelle des Abends – aber auch sonst gibt es einiges zu sehen. Wenn ich jetzt sage „So ein Anklebebärtchen hätte ich gerne als Souvenir mitgenommen“ haltet Ihr mich sicher für irre, was ;)? Wenn man sich vorstellt, dass das Musical mit insgesamt 15 Containern voll mit Kulissen und Kostümen reist, bekommt man eine annähernde Vorstellung davon, was das Ganze neben der künstlerischen für eine logistische Leistung ist… Sehr dunkel ist es hier im Backstagebereich, einfach deswegen, um die Atmosphäre auf der Bühne nicht durch Streulicht zu stören, aber dadurch bekommt das Ganze auch etwas besonders Aufregendes, finde ich. Die Luft knistert fast in freudiger Erwartung. Aber möglicherweise bin das auch nur ich ;)!
Nach einer Auftankpause (fürs uns gibts lecker Getränke und Brezeln, für die Handys und Kameras Mehrfachsteckdosen bis zum Abwinken – da hat jemand mitgedacht, großartig) und einer sehr netten Briefing-Ansprache von Rod Schmid, dem Gründer von livekritik.de, gehts dann auch schon los. Unsere muntere Truppe belegt drei ganze Reihen im Rang, gefolgt von drei weiteren leeren Reihen über uns, die unerwünschte Geräusche und störendes Licht durch unsere Kameras und Handys möglichst von anderen Besuchern fernhalten sollen. Denn während alle anderen zu Beginn der Vorstellung angewiesen werden, ihre Geräte auszuschalten, dürften wir unsere anlassen – mehr sogar: Wir sollen sie anlassen. Denn das ist unsere „Daseinsberechtigung“ an diesem Abend, wir sollen live aus der Vorstellung berichten, am besten auf Twitter, wahlweise aber auch auf Instagram oder Facebook. Und am allerbesten mit visuellen Anreizen. Los gehts, ich bin bereit.
Vielleicht noch ein kleiner Hinweis vorweg: Ich bin weder besonders geeignet zur inhaltlichen Beurteilung des Dargebotenen noch zur Kritik der Leistung der Darsteller. Denn Ahnung habe ich im Prinzip von nix. Ich habe niemals irgendeinen der Sissi-Filme gesehen und besonders historisch bewandert bin ich auch nicht. Mein einziger Berührungspunkt mit Kaiserin Elisabeth (aka die Sissi aus den Filmen, mit denen man zu Weihnachten immer zugeschüttet wird, aber davon distanziert sich das Musical deutlich) war ein Besuch im Wiener Schloss Schönbrunn anno 2009, wo ich dem Audioführer sei Dank eine gewisse Grundahnung davon erhielt, wer diese Habsburger überhaupt waren, was Sissi damit zu tun hatte und warum sie darüber nur so teilweise glücklich war. Ich kann daher nur sagen: Es schadet eindeutig nicht, wenn man im Vorfeld weiß, wie die Hauptcharaktere so heißen und wie sie mit einander verbandelt sind. Im Notfall hilft die Wikipedia. Das ist ein ernstgemeinter Rat. Ihr werdet noch sehen, warum. Und was meine Kompetenz in Sachen Musikrezension angeht – ich kann sagen: Finde ich gut oder nicht. Das muss reichen.
Aufgezogen ist das ganze Musical als Rückblick aus der Sicht von Elisabeths Mörder, Luigi Lucheni, der im Totenreich einmal mehr zu rechtfertigen versucht, warum er die Kaiserin abgemurkst hat. Angeblich nämlich, weil sie und der Tod schon seit Urzeiten aufeinander standen, aber immer kam der Liäson irgendwas dazwischen. Erst nach Jahrzehnten kommen die beiden Liebenden zusammen, nämlich durch die helfende Hand von Lucheni, der damit zu Ende bringt, was die beiden alleine irgendwie nicht auf die Kette bekommen haben. Dazwischen passiert die ganze Familiengeschichte vom Kennenlernen Elisabeths und Franz Josephs beim Verkupplungsevent mit ihrer Schwester Helene, seiner überraschenden Entscheidung für die Jüngere, der Hochzeit, den Kindern, dem fehlenden Zugehörigkeitsgefühl Elisabeths bei Hofe, der dominierenden Schwiegermama Sophie, der Entfremdung des Kaiserpaars, irgendwann bringt sich dann auch noch der Sohn Rudolf um und immer wieder taucht der Tod auf und versucht Elisabeth zu überzeugen, dass er doch eigentlich ihre wahre Liebe ist und sie den ganzen höfischen Druck einfach sausen lassen soll. Zwischendurch passiert auch noch ein bisschen „Weltgeschichte“, ungarisches Unabhängigkeitsstreben und aufkommender Nationalismus, und überhaupt so viel Drama und Pathos, dass es eine Freude ist, dabei zuzusehen. Zumindest wenn man auf Drama und Pathos steht. Und ich, ich steh drauf.
Zwischendurch muss ich mir ob (unfreiwillig?!) komischer Textpassagen (der junge Rudolf zum Tod: „Wenn ich mich anstreng kann ich ein Held sein. Gestern schlug ich eine Katze tot.“) und dem lasziven Hüftschwung des Vollleder-Tods ab und zu ein Grinsen verkneifen, hin- und hergerissen ob das ironisch oder ernstgemeint ist. Ist aber auch egal. Ich fühle mich hervorragend unterhalten. Richtig gut finde ich auch die Kaffeehausszene, in der fröhlich schwätzend und auf Autoscooter-artigen Tischensembles herumfahrend die Apokalpyse erwartet wird. Oder die wippenden Pappmaché-Pferdepopos, die einen Plan zu Rettung der Monarchie mithilfe einer „Zirze“ schmieden – oder besser: diejenigen, die auf mit diesen Pferdepopos unterwegs sind. Leider fallen beide Szenen in Teile der Veranstaltung, die wir nicht (mehr) fotografieren dürfen, das hätte ich zu gerne für Euch festgehalten. Aber so schön so ein Social Media Event für die Beteiligten und deren Follower ist – die anderen Zuschauer fühlen sich nach der ersten Hälfte doch extrem gestört und so verlegen wir uns nach der Pause aufs rein bildlose Twittern mit abgedunkelten Displays. Kann ich verstehen, das hätte mich vermutlich auch gestört. Ich bin ja sogar selbst so abgelenkt, dass ich nur noch die Hälfte mitbekomme – oder wie ist es zu erklären, dass es mir völlig entgeht, dass Kronprinz Rudolf auf einmal 28 Jahre gealtert ist und mit dem (lederbejackten) Tod zu „Die Schatten werden länger“ intensive Zweisamkeit auf die Bühne bringt?! Ich behaupte stattdessen erst mal (immerhin haben sie die gleiche Jacke an), das sei der Kaiser und muss mich einige Szenen später wieder korrigieren, als mir langsam dämmert, dass ich die Geschichte da ein bisschen durcheinander gebracht habe.
Fazit ist und bleibt jedoch: Ich steh drauf. Wenn ich mich drauf einlasse. Einlassen ist zwar schwieriger, wenn man immer am Handy hängt und zwischendurch nur mit einem Ohr hinhört, und die Tatsache, dass ich mit deutschen Texten sowieso häufig Probleme habe, spielt sicher auch noch mit rein, aber am Ende stehe ich ein paar Tage später hier, schreibe diesen Blogpost und werde die pathosschwangeren Ohrwürmer einfach nicht los. Und das ist auch okay so, denn „Ich gehör nur mir“ und „Wenn ich tanzen will, dann tanze ich so wie es mir gefällt“. Und wenn ich dabei laut singend und hüftschwingend vor dem Wohnzimmer-Spiegel Musical-Songs in ein imaginäres Mikro schmettere, dann hat es mit dem Kitsch bei mir wohl ins Schwarze getroffen. Und da kann man ja dann auch zu stehen. Ein bisschen Kitsch ab und zu ist gut für die Seele. Er darf nur nicht aus dem Mund von Helene Fischer kommen. Und darüber diskutiere ich jetzt auch nicht… ;)!
So, und für alle, die bis hierhin durchgehalten haben, gibt es jetzt eine Belohnung. Gemeinsam mit livekritik.de und Semmel Concerts verlose ich 4×2 Tickets für die Elisabeth-Tournee. Je zwei Tickets (für je einen Gewinner) für den 13. März (in acht Tagen!!) in Essen, für den 31. März in München, für den 18. Dezember (ja, das ist noch etwas hin…) in Frankfurt und für den 10. Januar 2016 (die monatelange Vorfreude gibts dann gratis obendrauf) in Berlin. Alles, was Ihr tun müsst, um bei der Verlosung dabei zu sein, ist Euch in den Kommentaren öffentlich als Musicalfan zu outen und mir zu verraten, welche Stadt Ihr gerne hättet. Ihr müsst außerdem mindestens 18 Jahre alt sein und eine gültige Emailadresse hinterlassen, damit Ich Euch im Gewinnfall schnellstmöglich erreichen kann. Wenn sich ein Gewinner innerhalb von 24 Stunden nicht zurückmeldet, wird neu ausgelost. Der Rechtsweg ist wie üblich ausgeschlossen. Teilnahmeschluss ist der kommende Sonntag, 8.3.2015.
Vielleicht veratet Ihr mir auch noch Euer Lieblingsmusical, das wäre schön, ist aber kein Muss. Und falls Ihr eine wie auch immer geartete andere Meinung zu Musicals vertretet, dürft Ihr sie auch kundtun, so lange der Kommentar nicht destruktiv daherkommt ;)! Ich diskutiere auch gerne über das Wort Kitsch, wenn jemand das Bedürfnis hat. Meine Definition ist nämlich eher gefühlsgeleitet, als wissenschaftlich korrekt. Aber wir sind ja auch keine Uni hier…
Danke für die Einladung und die Bereitstellung der Tickets für die Verlosung an livekritik.de und Semmel Concerts. Meine Meinung ist wie immer meine eigene, aber wenn das jemandem bei dem wirren Geschreibsel nicht selbst aufgefallen ist, kann ich auch nicht helfen ;)!
Hier ist auch ein männlicher Musicalfan 😉
Mein Lieblingsmusical ist "Phantom der Oper" und ich würde sehr gerne die "Elisabeth" Karten für Essen gewinnen, weil meine Freundin mir davon schon seit Jahren vorschwärmt!
Liebe Grüße
Patrick
PatrickPasternak@gmx.de
Elisabeth interessiert mich sehr. Ich würde gern nach Frankfurt. Mein Lieblingsmusical ist "Der König der Löwen". Ich wünsche einen schönen Abend,
Nina
ninagu@freenet.de
Ich bin begeisterte Musicalgängerin und war in den letzten 4 Jahren in 19 verschiedenen stücken. Festlegen welches mein lieblings Musical ist, fällt nicht leicht 😉 😀
Würde mich sehr über die Karten für Essen freuen.
Einfachschmely@gmail.com
Ich bin auch ein riesiger Musicalfan.
Mein Lieblingsmusical ist tatsächlich Elisabeth und deshalb würde ich mich auch extrem über die Karten für Essen freuen!
bremer_katharina@gmx.de
Hallo,
zum einen möchte ich einmal loswerden, dass dein Bericht echt nette Einblicke in das Stück gibt. Auch wenn du kein Musicalexperte bist, hast du dich auf diesem Gebiet echt gut geschlagen 😀
Ich liebe musicals und bin meistens in Stadttheatern unterwegs. Ich bin dabei schon echt gut rum gekommen, da es immer irgendwo was tolles zu sehen gibt. Bei einfachem Theater fehlt mir einfach die Musik, welche unter die Haut geht. Genau das bekomme ich bei Musicals zu genüge. Für mich ist ein Musicalbesuch ein abtauchen in eine andere Welt. Da kann man einfach mal komplett abschalten 🙂
Ich würde mich sehr über Karten für die Show in Essen freuen
debs90@outlook.de
Liebe Grüße
Jetzt bin ich ein bisschen traurig, weil ich das hie rzu spätelesen hab.. ich wär ja so gern nach München gegangen *snüff*
Naja.. selber shculd 🙁
Ganz viele liebe Grüße!
Franzy