Mich beschleicht das Gefühl, es ist mal wieder Zeit für einen Post mit echtem Mehrwert. Bisher war der Januar für mein Gefühl nämlich nur mäßig gehaltvoll. Klar, da war der Rotkohlsalat, es gab eine Mittwochsmusik, mit viel gutem Willen kann auch noch der „Rindvieh“-Post als informativ durchgewunken werden, aber sonst? Massenhaft Rückblicke und Fotoposts rein um der Fotos wegen, genauso das Urlaubsvideo aus Egmond aan Zee, voll inspirativ und so und gut für die Stimmung, aber handfest ist eben was anderes. Vorgestern dann mein introspektiver „Was Reisen für mich bedeutet“-Abriss, klar sowas muss auch mal sein und Ihr habt den Post ja auch so toll angenommen, dass ich vor Rührung kaum noch wusste, wohin mit mir (an dieser Stelle 1000 Dank für Eure tollen Kommentare, für die ich mich am liebsten einzeln bedanken würde, aber fürs erste muss es dieser „Ihr seid die Besten“-Rundumschlag sein). Aber so ein knackiger Fakten-Fakten-Fakten-Brecher hier und da gibt eben das gute Gefühl, dass man noch was bekommt für sein Geld seine investierte Lebenszeit. Die Fotos sind natürlich trotzdem schick. Drunter machen wirs nicht…
Heute dann also das Casa Milà in Barcelona. Ist jetzt schon ein paar Tage her, dass ich da war, aber meines Wissens nach steht es immer noch und hat sich seit September 2013 auch nicht groß verändert ;)! Während unseres Aufenthalts hatten wir insgesamt vier der Gaudí-Sehenswürdigkeiten auf dem Programm: Die Sagrada Família (nachzulesen hier und hier), den Park Güell, das Casa Batlló und eben das Casa Milà. Leider nicht geschafft haben wir den Palau Güell, aber das steht für den nächsten Besuch definitiv auf dem Zettel. Alle dieser Bauwerke plus das Casa Vicens in Barcelona und die Krypta in der Colonia Güell in Santa Coloma de Cervell gehören zum UNESCO Weltkulturerbe, wobei das Casa Milà das erste Gebäude des 20. Jahrhunderts war, das diesen Titel bekam. Und von den vier bisher besichtigten Gaudí-Werken ist es auf jeden Fall mein persönliches Highlight. Wenn Ihr hier schon länger gerne mitlest und meinem Urteil vertraut, ergibt sich daraus jetzt die zwingende Schlussfolgerung: Wenn Ihr mal nach Barcelona kommt, solltet Ihr da hin.
Allein auf der Dachterrasse, nur einem der Bereiche, die man mit dem Standardticket besichtigen kann, hätte ich Stunden zubringen können. Kaum geht man einen Meter weiter hat man fünf neue Fotomotive. Alle Schornsteine, Lüftungsschächte, Wasserspeicher sowie Auf- und Durchgänge sind so phantasievoll und hauptsächlich humanoid gestaltet, dass man das Gefühl hat, sich zwischen einer Armee aus futuristischen Soldaten und vereinzelten Riesen zu bewegen. Das gesamte Areal ist über ein Treppengewirr zu begehen, so dass man ständig die Höhe, den Winkel und damit die Perspektive auf die Dachlandschaft verändert. Für mobilitätseingeschränkte Reisende ist das leider nichts, aber es gibt eine kleine Aussichtsplattform, direkt nach dem Ausstieg aus dem Aufzug, von der aus man sich auch als Rollstuhlfahrer eine grundlegende erste Übersicht verschaffen kann. Sehr sehenswert ist auch der Blick von oben in die drei lichtspendenden Innenhöfe des Gebäudes und auch auf das umliegende Gebiet des Eixample-Viertels rund um den edlen Passeig de Gràcia.
Dort wurde das Gebäude zwischen 1906 und 1910 übrigens als letztes Wohngebäude des Architekten Gaudí speziell für den Unternehmer Pere Milà i Camps und seine Frau Roser Segimon i Artells gebaut, bevor er sich nur noch der Arbeit an der Sagrada Família widmete. Für alle Fans von architektonischen Wissenwertigkeiten hier noch ein paar Schmankerl, um auf der nächsten Party als Oberexperte zu glänzen: Die Belüftungsanlage war von Gaudí so fortschrittlich konzipiert, dass jegliche Klimaanlagen überflüssig wurden. Das Haus besaß auch eine der ersten Tiefgaragen, da der Eigentümer einer der ersten Besitzer eines Autos in Barcelona war. Und nicht zuletzt baute Gaudí das Gebäude auf Basis einer Eisen-Beton-Konstruktion, die auf tragende Wände verzichtete, ein Prinzip, dass sich erst viel später als Standard in der Architektur durchsetzte. Und das ist noch längst nichts alles. Man könnte also sagen: Der Mann hatte es drauf. Ich jedenfalls bin großer Fan. Ich erspare Euch mit Blick auf den Umfang dieses Posts weitere Details, empfehle aber bei Interessse durchaus eine weitere Beschäftigung mit Person und Werk. Superspannend. Ach ja, falls sich jemand gefragt hat, was der Steinbruch im Titel zu suchen hat: Das ist die Übersetzung von „La Pedrera“, dem durchaus satirischen Spitznamen des Hauses, den er aufgrund seiner ungewöhnlichen Fassade erhielt, die sowohl farblich als auch von der Oberfläche her an einen behauenen Felsen erinnert…
Wenn man sich am Dach sattgesehen hat (oder aus Vernunftsgründen entscheidet, dass es doch mal Zeit wird, den Rest des Hauses zu besichtigen), kommt man auf den Dachboden. Der natürlich kein normaler Dachboden ist, Gott bewahre. Also wenn mein Dachboden so schick wäre, würde ich da häufiger mal vorbeischauen, um Wäsche aufzuhängen. Vor allem befindet sich hier aber auch der „Espai Gaudí“, ein kleiner Museumsbereich zur Architektur von Gaudí im Allgemeinen. Inklusive eines Bodenspiegels, der dabei hilft, das Gerüst und das Trageprinzip der Türme der Sagrada Família anhand einer hängenden Kettenkonstruktion zu verstehen. Und der ist nicht nur didaktisch wertvoll, sondern eignet sich auch hervorragend für ein Spiegel-Selfie. Fanden dann auch die asiatischen „Mitbesichtiger“. Ist ja immer schön, wenn man weiterhelfen kann… :)!
Ganz besonders lohnenswert fand mein kleiner innerer Kulturanthropologe und Fan von Alltagskultur im Speziellen aber auch die sechste Etage, wo man die zeitgenössisch hergerichtete Wohnung einer gut situierten Familie aus den 1920er Jahren besichtigen kann. Das wäre dann der Zeitpunkt gewesen, an dem ich alles für ein Weitwinkel-Obektiv getan hätte. So gibts nur ein paar Detaileinblicke, aber wenn ich Euch alles zeigen würde, wäre es ja auch langweilig ;)! Mittlerweile kann man auch die Belle Etage besichtigen, den ersten Stock, wo früher die Familie Milà residierte und wo sich heute ein Kunstmuseum der verwaltenden Stiftung „Fundació Catalunya – La Pedrera“ befindet. In den restlichen Etagen des Gebäudes finden sich übrigens Büros und tatsächlich sogar noch einige Wohnungen, so dass diese Bereiche verständlicherweise nicht für die Öffentlichkeit freigegeben sind. Aber auch so hat man mit den restlichen insgesamt knapp 4500 m² einiges abzulaufen und zu sehen. Persönlich würde ich circa zwei bis drei Stunden für den Besuch des Casa Milà einplanen. Das hängt vermutlich davon ab, wie viele Fotos man machen möchte ;)!
Genau wie bei der Sagrada Família empfehle ich auch hier, die Tickets vorher online zu kaufen. Zwar war die Schlange an dem Tag, als wir da waren, gar nicht sooo lang. Aber auch eine relativ kurze Schlange zu umgehen, spart schließlich Zeit. Man muss sich nur vorher auf eine Uhrzeit festlegen, aber wenn man die Besichtigung als ersten Tagensordnungspunkt plant, sollte das ja kein Problem sein. Außerdem ist es nach Aussage des Betreibers auch am günstigsten direkt um 9 oder 10 Uhr auf der Matte zu stehen, weil es dann am ruhigsten ist. Wir waren um 12:30 Uhr da und fanden das Besucheraufkommen zwar völlig akzeptabel, aber das kann natürlich Glück gewesen sein. Der Spaß kostet aktuell pro Nase 20,50€ und da ist es auch schnurz, ob man vor Ort kauft oder im Internet. Und den Audioguide gibt es kostenlos obendrauf. Fotos machen und auch verbloggen ist übrigens (ganz im Gegensatz zum Casa Batlló) kein Problem. Nur verkaufen dürft Ihr die Bilder nicht. Und Stativbenutzung ist auch nicht erlaubt. Aber damit kommt man klar.
Für meinen nächsten Barcelonabesuch (der keine Ahnung wann, aber ansonsten mit Sicherheit stattfinden wird ;)) plane ich übrigens eine Besichtigung bei Nacht. Ich bin sicher, das wird super.
Wart Ihr schon mal in Barcelona und habt das Casa Milà besichtigt? Hat es Euch genauo gut gefallen wir mir oder fandet Ihr andere Gaudí-Bauten interessanter? Oder steht Ihr vielleicht gar nicht auf seine Architektur? Das kann ich mir zwar gar nicht vorstellen, aber es soll ja auch Leute geben, die Spinat mögen. Das muss man nicht verstehen, das kann man nur akzeptieren. So oder so, ich (und ich bin hier gerade die maßgebende Instanz) lege Euch einen Besuch wärmstens an Herz. Und sei es nur wegen des Dachs. Und bitte, das ist ja wohl der Hammer, oder etwa nicht?
voll schöne bilder… ich glaube, ich muss spanien doch mal auf meine reiseliste setzen 😀
das sind ganz wundervolle fotos, danke für die inspiration und herzliche grüße patricia
…schöne Bilder und Erinnerung, liebe Fee,
mir hat es dort auch sehr gut gefallen und vor allem die Dachterrasse begeistert mich…die Sagrada Familia war total Baustelle und erinnerte eher an Christo als an Gaudi ;-)…irgendwie habe ich sie sehr düster in Erinnerung und bin über deine Bilder ganz erstaunt…muß direkt mal meine Fotos wieder raus suchen…
Park Güell hat mir auch sehr gut gefallen,
lieber Gruß Birgitt
Guten Morgen Fee,
als Erstes: ich mag den Beitrag und Architektur und Gaudi sehr UND Spinat 🙂 Leider war ich immer noch nicht in Barcelona, obwohl Du mich mit Deinen Beiträgen bisher schon seeeehr angefixt hast, definitiv würde das Gebäude hier aber auf dem Programm stehen. Bisher wusste ich gar nicht, daß man auch hinein kommt – super!
Vielen Dank für diesen tollen ausführlichen Bericht!
Herzliche Grüße aus Würzburg,
Simone
Toller Bericht 🙂 Barcelona ist immer wieder eine Reise wert! Und von der Casa Mila hat man so einen schönen Blick über den Markt, das sollte man dort nicht verpassen! Barcelona bietet so viele verschiedene Ausflüge, da reicht die Zeit meistens eh nicht!
Viele Grüße aus St. Martin im Passeiertal 🙂
Was für ein Markt ist denn da? Mir ist gar keiner aufgefallen…