Erinnert Ihr Euch noch an das „Foto der Woche“? Juli und ich haben die Aktion Anfang des Jahres ins Leben gerufen, ohne große Vorgaben, einfach nur mit dem Ziel, jede Woche das liebste Foto zu küren, einen Glücklichmacher in bunten Pixeln. Bereits Ende März habe ich auf das erste Vierteljahr zurückgeblickt und genau das will ich jetzt mit dem zweiten Quartal tun.
Ich rede nicht groß drumherum: In den letzten drei Monaten ist es mir viel schwerer gefallen, jeden Dienstagabend ein passendes Foto parat zu haben. Nicht selten bin ich am Dienstag noch mal schnell los oder habe auch einfach etwas bei mir zu Hause fotografiert. Die Zeit neben der Fertigstellung meines Buchs war knapp bemessen und da war die Kamera zwar im Dauereinsatz, aber die Motive nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Zumindest noch nicht ;)! Aber auch wenn es manchmal extrem knapp war, irgendwie habe ich doch immer ein Foto abgeliefert und das Schöne daran ist: Jedes für sich erzählt mir rückschauend eine Geschichte, die sich alle zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Und wenn ich bis Ende des Jahres durchhalte, habe ich zu Silvester den schönsten und persönlichsten Jahresrückblick überhaupt. Und wenn Ihr mögt, dann bleibt doch noch ein bisschen und ich erzähle Euch ein bisschen was über die Entstehungsgeschichten der Bilder. Aber ich warne Euch: Ich habe mal wieder Sabbelwasser getrunken. Es wird also etwas länger. Aber auf diese Weise bekommt Ihr mal einen etwas anderen Blick hinter die Kulissen…
1) Marienkäfersex im Dortmunder Westfalenpark am 31. März
Was soll ich sagen? Das Wochenende war betriebsam gewesen und mir fehlte noch ein „Foto der Woche“. Also schnappte ich mir montags die Kamera und machte mich auf in den Park. Dass ich da über eine Live-Tier-Porno-Darbietung stolpern würde, konnte ja keiner ahnen. Und ich sag Euch eins: Das war kein gemütlicher Kuschelsex. Ich konnte kaum so schnell rückwärts über den Boden kriechen, wie die Zwei im Höllentempo kopulierend über die Pflastersteine rasten. Kein Scherz. Was ich sonst noch so auf Augenhöhe mit den kleinsten Parkbewohnern auf Speicherkarte gebannt habe, könnt Ihr Euch übrigens hier anschauen. Eine meiner liebsten Fotoserien 2014 bisher.
2) Flieg, Pusteblume, flieg – in Dortmund am 7. April
Bereits das zweite Foto dieses Quartals war eine Punktlandung. Nach einem Termin am Dienstagnachmittag musste dringend noch ein Foto her. Was ein Glück, dass auf dem Mittelstreifen in unserer Querstraße eine ganze Menge Pusteblumen wuchsen. Ich hockte mich also zwischen die vorbeifahrenden Autos, versuchte nicht zu fest zu pusten und gleichzeitig per Serienbildaufnahme ein schickes Motiv einzufangen. Irgendwann taten mir zwar die Oberschenkel vom Rumhocken weh, aber ich hatte das erste Aprilmotiv im Kasten. Pffft.
3) Getrocknetes Moos für die Osterdeko am 15. April in Dortmund
Auch Mitte April das gleiche Problem: Dienstagnachmittag und noch kein Foto „in da house“. In diesem Fall gestaltete es sich sogar so, dass Juli (die mit Schreiben dran war) sich irgendwann am späten Nachmittag bei mir meldete und auf „Abliefern“ drängte. Ich war gerade mitten in einem Shooting fürs Buch und hatte keine Zeit, noch schnell irgendwo hinzugehen, um ein Foto zu machen, also musste das Erste herhalten, was mir zwischen die Finger kam. Und in diesem Fall war es getrocknetes Moos. Das habe ich zwar wirklich später auch noch für die Osterdeko benutzt, aber eigentlich lag es gerade für eins der Buchprojekte bereit. Was ich ja aber noch nicht verraten konnte, schließlich wusste ja noch niemand davon :)! Ein aus der Not geborenes Foto also. Aber durchaus repräsentativ für die betreffende Woche. Und für die Bedingungen wirklich ok.
4) Der Chef-Orang-Utan und ich beim gegenseitigen Fixieren im Dortmunder Zoo am 20. April
Für alle, die es noch nicht wissen: Ich habe so eine Art Orang-Utan-Fetisch. Fetisch in einem völlig entsexualisierten Kontext, versteht sich. Affen waren schon immer meine Lieblingstiere und die Orang-Utans haben sich eben als Lieblings-Lieblings-Tiere herauskristallisiert. Jedes Mal, wenn ich in den Zoo gehe, drehe ich zwar eine vollständige Runde, aber wenn am Ende noch Zeit bis zur Schließung bleibt, verbringe ich sie damit, mit leuchtenden Augen an vorderster Front im Affenhaus zu hängen und meiner Begeisterung mit regelmäßigem Quietschen Ausdruck zu verleihen. Kinder, die doof gegen die Scheiben hauen, kann ich dabei übrigens gar nicht leiden. Und das nicht nur, weil sie mir potentiell im Weg für ein 1A-Fotomotiv sind. So wie dieses hier. Es war Ostersonntag und ich hatte mir ob des Feiertags endlich mal einen freien Tag gegönnt. Es war wie immer kurz vor Toreschluss und der Chef-Orang-Utan hatte sich direkt vor die Scheibe gehockt, nagte zwischendurch genüßlich an seinem Gemüse und dachte sich wahrscheinlich die ganze Zeit: „Was starrt die blöde Alte mich denn so penetrant an?“ – Reine Zuneigung, mein Lieber, reine Zuneigung. Noch mehr Bilder mit noch mehr tollen Tieren vom gleichen Besuch gibt es übrigens hier und hier.
5) Selbstportrait-Spiegelung in der Brille von Nic in Brügge am 27. April
Von meiner Brügge-Reise zusammen mit Nic und Mel habe ich Euch nun ja schon Einiges erzählt. Was ich noch nicht erzählt habe, ist, dass ich in der Woche vorher echt dachte: Ich packe das nicht. Ich steckte einfach so tief in der Arbeit, dass ich mir kaum vorstellen konnte, drei ganze Tage zu pausieren, mit zwei anderen Leuten rund um die Uhr durch die Gegend zu laufen, dafür früh aufzustehen und in dieser Zeit nicht vor Erschöpfung am späten Nachmittag einzuschlafen. Doch es hat wunderbar geklappt. Und wie glücklich ich darüber (und über die schöne Zeit in Brügge) war, sieht man vielleicht ein kleines bisschen auf diesem Foto. Und Spiegelungen gehen eh immer ;)!
6) Blümchen, drapiert auf dem heimischen Wohnzimmerboden am 04. Mai
Faszinierenderweise habe ich dieses Foto schon am Sonntag aufgenommen, obwohl es in meinem Kopf ganz klar als „Last-Minute-Aufnahme“ abgespeichert war. Offensichtlich war mir also schon zwei Tage vor „Abgabe“ klar, dass mir eh nichts Vernünftiges mehr vor die Linse hüpfen würde. Ich drapierte also ein paar der Mini-Porzellanblümchen, die ich für eins der Buch-Fotos im Garten meiner Eltern gepflückt hatte, auf dem Wohnzimmerboden und, Zack, hatte ich ein Foto der Woche. Für andere, die das Bild betrachten, sind es einfach nur Blumen, für mich aber stehen sie stellvertretend für das Buch und meine wochenlange Arbeit daran.
7) Last-Minute-Pfingstrose in meiner Küche am 13. Mai
Eine Woche später wurde aus den gar-nicht-so-Last-Minute-Porzellanblümchen eine Last-Minute-Pfingstrose. Gleiche Geschichte, nur dass es diesmal wirklich schon kurz vor knapp war. Immerhin rückte auch die Abgabe des Buchs immer näher und Pausen waren einfach nicht mehr drin. Aber so eine Pfingstrose ist sicher auch ohne Stress-Background ein hübsches Motiv :)!
8) Abendstimmung im Dortmunder Westfalenpark am 18. Mai
Am kommenden Sonntag sah die Welt tatsächlich schon ein bisschen anders aus. Ich hatte den für mich schwierigsten Teil, das Fotografieren der Buch-Motive, abgeschlossen und feierte eine kleine Privat-Party, indem ich einen Abendspaziergang im Westfalenpark machte. Nachdem ich in den Wochen davor kaum das Haus verlassen hatte und erst recht nicht, um etwas Schönes zu tun, war das so befreiend, dass ich tatsächlich nur drei Bilder gemacht habe, obwohl das sonst gar nicht meine Art ist. Insofern ist das Bild durchaus repräsentativ, denn es steht für mich für die Stille, Ruhe und Entspannung, die ich in diesem Moment mehr als genossen habe.
9) Sonnenuntergang am Dortmunder Phoenix-See am 23. Mai
Fünf Tage später war ich dann (obwohl die Abgabe erst weitere fünf Tage später war) bereits so weit mit allen Arbeiten, dass ich dem Drängen des Freundes nachgab und, statt bis spät in die Nacht an den Fotobearbeitungen zu sitzen, zu einem ausgiebigen Sonnenuntergangsspaziergang um den Phoenixsee mit ihm aufbrach. Das Wetter war traumhaft und ich musste nur draufhalten, um gleich eine ganze Reihe „Foto der Woche“-würdige Aufnahmen einzufangen. Und nicht nur, dass das Stegbild wohl mit das Schickste ist, was mir bisher dieses Jahr vor die Linse gehüpft ist, es war einfach auch ein sehr schöner Abend, an den ich gerne zurückdenke. Und mit Fotos, anhand derer ich mich erinnern kann, fällt mir das immer leichter als ohne.
10) Fenster zur Industriewelt auf Zeche Zollern in Dortmund am 3. Juni
Der erste (Foto)-Ausflug mit Juli nach der Buchabgabe. Juli hat dazu ein paar sehr schöne Worte auf dem „Foto der Woche“-Blog geschrieben. Es ist wunderbar, wenn man jemanden gefunden hat, mit dem man gemeinsam einem Hobby nachgehen kann und sich dabei ohne große Worte versteht. Das habe ich während der stressigen Buchphase echt vermisst. Und wenn dann noch so ein großartiger Ort wie die Zeche Zollern hinzukommt, dann kann das nur DIE Erinnerung der Woche werden. Meine ganze Fotoserie des Tages findet Ihr übrigens hier.
11) Mutantenmohn mit Mitbewohner im elterlichen Garten am 10. Juni
Auch meine Familie wurde in den vergangenen Wochen sträflichst vernachlässigt. Das habe ich an den Tagen um Pfingsten daher ausgiebigst nachgeholt. Unter anderem war ich endlich mal wieder bei meinen Eltern zu Besuch und konnte die Fortschritte im Garten bewundern. Diese ganz besonders irre (weil sehr große und sehr farbige) Mohnsorte habe ich zum Beispiel zum ersten Mal gesehen. Daraufhin verbrachte ich erst mal gute zwanzig Minuten damit, vor einer einzigen Blüte zu hängen und zu versuchen, ein gutes Makrofoto mit Biene zu machen. Mission accomplished. Danach habe ich mich aber auch wieder ausgiebig der Beziehungspflege gewidmet ;)!
12) Springen für gute Laune im Dortmunder Westfalenpark am 15. Juni
Die letzten anderthalb Wochen waren für mich eher mäßig. Manchmal schlägt die Fatigue einfach heftiger zu. Dann ist alles, was ich machen will, dreimal so anstrengend wie sonst und überhaupt will ich nur auf dem Sofa sitzen, mich nicht bewegen und reden am besten auch nicht. Aber das geht eben leider nicht immer. Das Einzige, was dann der Stimmung zuträglich ist, ist Rauskommen und Selbstsuggestion. Und die funktioniert, wie ich schon gestern auf dem „Foto der Woche“-Blog geschrieben habe, folgendermaßen: „Jedesmal wenn ich rückblickend Sprungfotos von mir betrachte, macht mich das glücklich. Und zwar aus genau dem Grund, weil ich finde, dass ich auf Sprungfotos glücklich aussehe. Ich kann also springen und mich dabei fotografieren lassen, auch wenn es mir dabei nicht so gut geht, und wenn ich mir das Foto dann hinterher ansehe, sind die Sorgen gleich ein wenig kleiner. Echt, das funktioniert. Ich suggeriere mir, dass ich glücklich bin und dann werde ich es. Und dann ist es auch egal, dass der Hintergrund vielleicht nicht der schickste ist, die Bluse blöd hochfliegt und ich mal wieder finde, dass mein Gesicht eine komische Kastenform hat ;)!“ Und wenn ich glücklich bin, dann ist auch das vorherrschende Gefühl der Schlappheit nicht mehr ganz so dominant. Auch jetzt: Ich schaue das Foto an und muss lächeln. Super, oder?
13) Sonniger Abendspaziergang am 23. Juni auf Phoenix West in Dortmund
Auch das letzte Foto dieses Quartals besticht weniger durch seine Hochglanz-Katalogfoto-Qualität als durch die Geschichte, die für mich dahinter steht. Es entstand Montagabend, es war schon spät, kurz vor Sonnenuntergang, aber ich musste dringend noch mal raus, weil mir die Decke auf den Kopf fiel. Und dass ich das ehemalige Stahlwerk Phoenix West liebe, weiß jeder, der meinen Blog halbwegs regelmäßig liest. Also den Freund ins Auto gepackt, dorthin gefahren, die Abendsonne tauchte alles in ein unglaublich warmes Licht und ich freute mich einfach darüber, dass so ein Tag doch noch ein schönes Ende findet. Und darüber, dass jemand so hübsche Blumen auf die Verkehrsinseln gepflanzt hat, die ich noch nicht kannte. Denn mehr braucht es manchmal einfach nicht. Und jedes Mal, wenn ich das Foto anschaue, werde ich mich daran erinnern.
Und jetzt bin ich gespannt, was das nächste Quartal so bringt. Denn auch, wenn es manchmal sehr anstrengend ist, noch auf die Schnelle ein Foto zu finden und ich manchmal fluche, so machen die Bilder in dieser Zusammenschau mich noch glücklicher als jedes für sich alleine. Und deswegen kann ich auch gar keinen Favoriten benennen. Habt Ihr einen?
P.S. Auch Juli blickt heute zurück. Für Ihren Post einfach hier klicken.
Deine Fotos sind einfach nur atemberaubend toll…. das ist wirklich unglaublich…… jedes einzelne Bild spricht Bände und hat eine andere Geschichte… so was mag ich…. sehr!
Danke fürs zeigen. Und auf das Buch bin ich natürlich auch schon mega gespannt.
LG
Pamy
<3
Echt tolle und beeindruckende Fotos, da bleibt mir glatt die Spucke weg. Besonders das mit der Pusteblume stell ich mir schwierig vor. Bei mir wäre die sicher total unscharf geworden.
Liebe Grüße,
Kivi
Boa! Ich bin geplättet. Die Bilder sind so atemberaubend schön, mir fehlen die Worte.
Mein Favorit ist das 1. Foto.
Liebst Andrea
wow, welch ein schöner post in wort und bild! dein buch wird bestimmt toll! du scheinst ja bei allem das richtige händchen zu haben.
lg sonja
Schöne Fotos hast Du da gemacht 🙂
Die Marienkäfer sind ja total süß!!!
Ganz liebe Grüße
Julia
Dafür, dass du so eine stressige Zeit hattest, sind die Bilder trotzdem extrem schön geworden. Schön, dass du zu jedem Bild die Hintergrund-Story erzählt hast. Ich versuche das ja direkt immer in der jeweiligen Woche zu machen. Ich habe dieses Mal auch wieder mit euch zurück geblickt, gerade eben ist mein Post zum zweiten Quartal online gegangen.
Vielen lieben Dank für die tolle Aktion 🙂
Viele Grüße, Goldengelchen
Da wir ja immer abwechselnd auf dem "Foto der Woche"-Blog schreiben, haben wir nicht immer die Möglichkeit gleich unsere Geschichte dazu zu erzählen. Da ist so ein Rückblick doch eine schöne Alternative ;)!
Ganz fantastische Aufnahmen. Kann mich gar nicht für einen Favoriten entscheiden.
Boooarr, Fee, ich schmelz echt regelmäßig dahin bei deiner Fotokunst!! Und die Geschichte zu 12) mag ich ganz besonders. (:
Beste Grüße,
Ani