Ich habe ja mit die besten Ideen unter der Dusche. Unter anderem auch die Idee, einen Blogpost mit dem Titel „Blau in Brügge“ zu schreiben. Und die hatte ich wohlgemerkt schon, bevor ich überhaupt nach Belgien abgereist bin. Einfach nur deswegen, weil „Blau in Brügge“ halt unglaublich gut klingt. Und solche Gründe sind wohlgemerkt grundsätzlich die allerbesten…

Nun sollte so ein Blogpost ja im optimalen Fall auf wahren Begebenheiten beruhen. Sonst kann man auch gleich mit dem Hintern zuhause bleiben und sich Pressefotos aus irgendeinem Verteiler zusammenklauben. In diesem Fall drohte die Umsetzung meines großartigen Plans aber von vornherein an dieser Voraussetzung zu scheitern, denn wenn man selbst keinen Alkohol trinkt, so wie ich, dann ist das mit dem „blau werden“ eben eine schwierige Sache. Und man kann sich noch nicht mal betrinken, um über den schmerzlichen Verlust des witzigsten Blogtitels aller Zeiten hinwegzukommen (oder zumindest einem der es ins obere Drittel schafft. Oder in die obere Hälfte). Böse, böse Welt. Doch dann kam mir, natürlich ebenfalls unter der Dusche, der rettende Gedanke: Ich würde ja zwei Mitreisende haben. Und die einfach gnadenlos abfüllen und anschließend darüber berichten. Ich sag es ja: Die Dusche ist ein wunderbarer Ort, um Pläne zu schmieden.

Wir waren noch keine Stunde zusammen unterwegs, da beschlossen wir, erst mal irgendwo einzukehren, um auf die gemeinsame Reise anzustoßen. Ich feierte innerlich eine Party, weil ich dachte: „Prima, das läuft ja.“ Keine Ahnung, ob ich es gesondert erwähnen muss, aber mein schon in den Grundzügen durchgeplanter Artikel beruhte natürlich darauf, „Bierblau“ in Brügge zu werden, nicht etwa „Weinblau“ oder noch schlimmer „Cocktailblau“. Oder hat jemand von Euch schon mal was vom berühmten belgischen Wein oder den berühmten belgischen Cocktails gehört? Nein? Eben.

Umso geschockter war ich also, als Mel von „Gourmet Guerilla“, nachdem Nic von „Luzia Pimpinella“ vorher auf der üppigen Bierkarte zielsicher zum „Straffe Hendrik“ gegriffen hatte (dazu später mehr) und daher jegliches sanfte (oder auch nachdrücklichere) Stupsen in die richtige Richtung überflüssig machte, plötzlich verlauten ließ: „Ich trinke niemals Bier. Für mich ein Weinchen.“ Ihr könnt Euch vielleicht vorstellen, WIE geschockt ich darüber war, wenn ich Euch jetzt erzähle, was ich daraufhin tat. Ich rief nämlich laut heraus: Ja, scheiße. Und was ist jetzt mit „Blau in Brügge“? –  Mein perfekter, heimlicher Plan war dahin. Nach nicht mal sechzig Minuten. Ich war am Boden zerstört.

Jedoch: Als wir am nächsten Morgen auf unserer ersten ausgiebigen Tour durch die Stadt zum Rozenhoedkaai gelangten, auf der gegenüberliegenden Seite, malerisch gelegen unter einem ausladenden … äh Baum (man vergleiche egal welches Foto der Location und wisse, welchen Baum ich meine) eine erneute Möglichkeit zur Einkehr entdeckten (wir waren ja auch immerhin schon über eine Stunde unterwegs) und beschlossen: „Päusken“, da war ich mehr als erstaunt. Das alleine erstaunte mich natürlich noch nicht. Was mich erstaunte, war folgendes: Besagte Location stellte sich als die „2 be“-Bar heraus, die vor allem durch die Brügger „Beer Wall“ und den mehr oder weniger ausschließlichen Ausschank eben dieses Getränks besticht. Und Mel bestellte sich, ohne mit der Wimper zu zucken, ein Kirschbier. Ok, nun ist so ein Kirschbier natürlich auch eher eine Einstiegsdroge, aber man will sich ja nicht beschweren. Wir hockten uns also unter den Baum, Nic mit ihrem trüben, limogelben Gesöff, Mel mit der roten Fruchtvariante und ich mit der schmackhaften alkoholfreien Marke, deren Name mir bedauerlicherweise entfallen ist, und tranken Bier. Alle.

Nun begab es sich, dass sich dieser Samstag wettertechnisch eher als Arschloch herausstellte. War es zunächst nur grau und bedeckt, fing es nachmittags doch tatsächlich an zu regnen. Gut, dass die Brauerei „De Halve Maan“ (was nicht etwa „der halbe Mann“, was ich durchaus für eine realistische Variante gehalten habe, sondern „der halbe Mond“ heißt), sich direkt neben dem Restaurant befand, das wir fürs Mittagessen gewählt hatten. Nicht, dass ich die Möglichkeit einer Brauereiführung in Brügges letzter verbliebener Familienbrauerei nicht schon im Vorfeld als 1A-Bierblau-Option mit in meinen persönlichen Aktivitätenkatalog aufgenommen hätte. Was ein Zufall also. Auch die Auslagen auf dem Flohmarkt, den wir auf dem Weg passierten, schrien: Bier, Bier, Bier. Untrügliche Zeichen, allesamt. Gut, dass Nic und Mel da mit mir einer Meinung waren. Und so konnte ich sie sogar überzeugen, völlig ungestellt für ein „Auf gehts zur lustigen Sauftour“-Foto für mich zu posieren. Langsam war ich davon überzeugt, dass meinem Post vielleicht doch nichts im Wege stünde…

Nun ja, das Saufen wurde erst mal hintenan gestellt, aber dafür erfuhren wir allerlei Wissenswertes über die Geschichte der „De Halve Maan“-Brauerei, übers Bierbrauen an sich und über das belgische Bier insbesondere. Unsere Tourführerin, die sich als eine wahre Witzekanone und charmanter Wissensquell entpuppte, schaffte es sogar, dass Nic und ich, trotz der Tatsache, dass staubige Bierflaschen, kupferne Kessel und antike Plöppverschlüsse uns über alle Maßen in ihren Fotobann zogen, nicht völlig inhaltsbefreit wieder von dannen zogen.

Zum Beispiel erfuhren wir, dass die ersten vier Generationen von Brauherren allesamt Henri Maes hießen, damit die Brügger Wirte nicht nach jedem Tod die Bleiglasfenster auswechseln mussten, die traditionsgemäß den Namen des Brauherrn der Hausbrauerei trugen. Sehr umsichtig, wie ich finde. Oder dass die kleinen Privatbrauereien ganz empfindlich zu leiden hatten, als sich das Automobil in den Haushalten durchsetzte und die Bürger ihr Bier immer mehr im Laden kauften, statt es sich liefern zu lassen. Übrigens: Die Brauerei stellt heute Bier unter zwei verschiedenen Markennamen her: „Brugse Zot“ und „Straffe Hendrik“, den „Brügger Narr“ und den „Starken Hendrik“, der vor allem so heißt, weil er genau das ist: Stark. Und weil das nicht reicht, wird er in vier Gärungsstufen hergestellt: Einfach mit 6% Alkohol, als „Dubbel“ mit 7,5%, als „Tripel“ mit 9% und schließlich als „Quadrupel“ mit 11%. Die Belgier haben es eben drauf. Wie sagte die bestimmt völlig unvoreingenomme Dame im Rahmen der Führung so schön: „A triple a day keeps the doctor away“.

Völlig blau von Bierwissen enterten wir schließlich nach 45 Minuten, die mir viel kürzer vorkamen, so kurzweilig waren sie, die Gaststube der Brauerei, um das in der Führung enthaltene Freibier zu verkosten. Leider stellt „De Halve Maan“ kein alkoholfreies Bier her, so dass ich leer ausging, aber man muss ja auch Opfer bringen und so lautete meine Mission: „Mel und Nic dabei fotografisch festhalten, wie sie sich im Namen der Wissenschaft im Namen meiner Blogmission unter den Tisch und das schicke Sofa saufen“. Und was soll ich sagen: Mission completed. Naja, gut, ehrlich gesagt blieb es natürlich bei einem Bierchen, aber da die beiden ja jetzt eh schon wussten, was ich plane, konnte ich sie ja genauso gut in die Umsetzung einbinden. Und weiß jetzt: Sie können nicht nur bloggen, sie können auch ganz hervorragend schauspielern ;)!

Solltet Ihr mal nach Brügge kommen, was ich nur ausdrücklich empfehlen kann, dann schaut doch mal bei der Brauerei „De Halve Maan“ vorbei. Die Führungen starten stündlich und kosten 7,50€ pro Nase. Wer eine Brügge City Card hat, kommt sogar umsonst rein. Ihr findet das Brauereimuseum am Walplein 26 und könnt dort auch direkt im Shop ausgiebig für zuhause einkaufen. Und wenn nicht, dann probiert wenigstens das Bier vor Ort. Meinen zwei Mitreisenden hat es jedenfalls außerordentlich gut gemundet. Sogar „Ich trinke kein Bier“-Mel. Alternativ schaut Ihr bei „2 be“ vorbei und zwitschert Euch ein Kirschbierchen. Oder auch bei jeder anderen Lokalität in Brügge. Ist jetzt nicht so, als gäbe es das sonst nirgendwo zu kaufen. Aber sagt hinterher nicht, Ihr wärt nicht gewarnt gewesen. Das Zeug hat Suchtpotential. Mel kann das bestätigen. Und hat nach dem ersten Abend keinen einzigen Wein mehr in Brügge getrunken. Ausschließlich Bier. Soviel dazu.

Hinweis: Für die Dokumentation der Geschehnisse wurden keine deutschen Lifestyle-Blogger verletzt oder über die Gebühr alkoholisiert. Alle Bilder, die auf etwas anderes hindeuten, wurden für die Untermauerung des geschriebenen Wortes gestellt. Danke für Ihr Verständnis ;)!

Vielen Dank an Tourismus Flandern-Brüssel, die mich auf diese wunderbare Reise eingeladen haben, damit ich Euch anschließend mit meinen Erinnerungen unterhalten und die Reisehummeln in Euren Hintern wecken kann. Meine Spaß an der Freude kommt allerdings von Herzen und ist nicht bezahlt. Außerdem nehme ich mit diesem Beitrag am Flandern Blog Award 2014 für Reiseblogger teil und werde nicht davor zurückscheuen, alle „Konkurrenten“ gandenlos mit Kirschbier abzufüllen, nur damit sie die Deadline verpassen ;)! Natürlich nicht…