Dieses Wochenende findet der erste „Design Gipfel“ für dieses Jahr statt, mittlerweile der dritte in Dortmund. Vielleicht erinnert sich noch jemand von Euch noch daran, dass ich letztes Jahr dort war, als Dortmund zum ersten Mal auf dem Plan stand. Hier und hier hatte ich ein paar der Aussteller vorgestellt. Die Blogposts waren allerdings mehr ein Nebenprodukt, denn eigentlich war ich dort, um für mein Aufbaustudium eine Kurzreportage über den Markt zu schreiben. Und das habe ich auch getan. Nun kann sich innerhalb eines Jahres viel verändern und wenn ich den Text heute lese, würde ich einiges vielleicht nicht mehr so unterschreiben. Ich habe deswegen gedacht, ich zeige Euch einfach, was ich im April 2012 geschrieben habe und vielleicht könnt Ihr, entweder als Besucher oder auch als Aussteller auf solchen Designmärkten, Eure Sicht auf die Dinge ergänzen. Aus damaliger und aus heutiger Sicht. Die Ansichten variieren teilweise sehr stark, habe ich das Gefühl, und mich würde interessieren, was Ihr darüber denkt. Außerdem bekommt Ihr so auch mal etwas zu lesen, dass ich nicht für diesen Blog geschrieben habe. Und das ist ja vielleicht auch mal interessant.
Dear international readers, this post is in german only, because I’m recycling a text I wrote a year ago in german about a local design fair. I think it’s not of further interest for you, so I decided not to translate it, because it’s fairly long for a blog post. Tomorrow I’ll be back with my normal bilingual posts…
Ich poste den Text kursiv, damit Ihr seht, wo er anfängt und wo er endet. Bedenkt, dass der Text für ein Publikum geschrieben ist, dass nur wenig Einblick in die Szene hat, ein lokaler Tageszeitungsleser beispielsweise. Der Titel lautet: Gipfeltreffen der Jungdesigner.
Wochenende für Wochenende pilgern sie durch die Hallen und Säle der Republik, um auf Designmärkten Ihre Waren zu verkaufen. Dortmund stand bisher nicht auf dem Reiseplan. Der „Design Gipfel“ will das nun ändern und hat fast 60 junge Kreative ins Depot gelockt.
Es ist ein Samstag, Ende April, noch relativ früh am Morgen, zumindest dafür, dass es Wochenende ist. Schon jetzt ist klar: Dieser Tag schickt sich an, ein wunderschöner zu werden. Durch die Dachfenster der Stahlfachwerkkonstruktion des Dortmunder Depot fällt sanftes Morgenlicht auf die ersten Aussteller des „Design Gipfel“, die damit beginnen, ihre Stände für dieses Wochenende herzurichten. Noch wirken sie relativ verloren in der Weite des ehemaligen Straßenbahndepots im Dortmunder Norden. Ein paar kleine, wuselnde Figuren in der fast 90 Meter langen, zentralen Halle, in der sich früher die Schiebebühne befand, mit der die Bahnen zu den einzelnen Werkstätten transportiert wurden. Bis 1995, als die Dortmunder Stadtwerke beschlossen, diesen Betriebsstandort aufzugeben, und das Depot zu dem wurde, was es heute ist: Ein Ort für Kunst, Kultur und Miteinander.
Mit dem „Design Gipfel“ haben Katherina Lindenblatt (30) und Anna Anastasova (34) eine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, die genau das sein möchte: Ein Ort für Kunst, Kultur und Miteinander. Nur haben die beiden diplomierten Designerinnen aus Münster ihrem „Kind“ einen anderen Namen gegeben. Schließlich wollen sie sich vom Mief der üblichen Kunsthandwerkermärkte absetzen und ein junges, trendiges Publikum ansprechen. Ein Publikum, das bereit ist, Geld für kreative und individuelle Produkte in die Hand zu nehmen – Produkte junger Designer, wie die beiden selbst welche sind. An diesem Wochenende sind sie beides, Veranstalter und Aussteller. Falls sie deswegen aufgeregt sind, merkt man es Ihnen nicht an. Katherina steht am Eingang, begrüßt die langsam zahlreicher eintrudelnden Aussteller und weist Ihnen ihre Plätze zu. „Hey, schön Dich zu sehen!“ und „Na, auch schon da?“ – Die Neuankömmlinge begrüßen sich untereinander wie alte Freunde. Vielleicht sind sie es auch. Zumindest sind sie Gleichgesinnte, für die der „Design Gipfel“ nicht nur ein reines Verkaufsevent darstellt. „Designmärkte sind eine wertvolle Netzwerkbörse für Designer und Kreative“, beurteilt Szenekennerin Anissa Stettner, die die sogenannte Handmade-Bewegung seit 2003 beobachtet und auf Ihrem Blog „handmade 2.0“ darüber schreibt, die Relevanz solcher Veranstaltungen. Zunächst jedoch werden Tische gerückt, Rollwagen klappern lautstark über den uneben Steinfußboden der Halle, zwei Jungs bauen in Rekordzeit ein Expeditregal auf, Kabeltrommeln werden schnurrend entrollt, eine einsame Topfpflanze kämpft tapfer gegen die Industriekulisse an. Es wird lauter, es wird enger, es wird später, die Öffnung für die Besucher steht kurz bevor, innerhalb von zwei Stunden entsteht in der verschlafenen Halle eine kleine pulsierende Stadt, belebt von jungen, engagierten Menschen und ihren bunten Waren.
Nach sechs erfolgreichen Märkten in Münster, Osnabrück und Bochum wollen Anna und Katherina nun auch Dortmund mit ihrem „Design Gipfel“-Konzept erobern. Ein guter Zeitpunkt, denn das Interesse an individuellen Produkten boomt. „Die Marktszene in Deutschland hat erst im vergangenen Jahr so richtig an Fahrt aufgenommen“, erzählt Anissa Stettner. Zwar verzeichnet sie im Zentrum der Szene in Berlin mittlerweile bis zu drei verschiedene Märkte pro Wochenende, aber sie ist sicher: „Der Hype hat seinen Höhepunkt noch nicht erreicht!“ Auch Thai Son Ngo, Junior Marketing Manager beim deutschen Online Marktplatz der Handmade-Szene „DaWanda“ ist überzeugt: „Gerade hier in der Region um Dortmund gibt es noch viel Potential.“ Der Ruhrpott, ein weißer Fleck auf der Handmade-Landkarte?
Dortmund jedenfalls scheint nicht zu wissen, dass es Potential hat. Nur wenige Besucher verirren sich im Laufe des Samstag ins Depot. „Ich glaube, ich würde hier heute auch nicht hinkommen.“, Dirk Modrok, der mit seinem Siebdrucklabel „ilovemixtapes“ aus Mainz angereist ist, zuckt mit den Schultern. „Es ist halt das erste Mal dieses Jahr richtig warm.“ Die aufgeregte Stimmung, die anfangs herrschte, ist mittlerweile einer eher drückenden Atmosphäre gewichen. Der DJ, der am Ende der Halle vor dem musealen Straßenbahnwagen Stellung bezogen hat, untermalt die Szenerie mit gedämpften Jazztönen. „Ich glaube, ich schlafe gleich ein!“ Juliane Helmke aus Essen hat die letzten Tage im Akkord gearbeitet, um dem Dortmunder Publikum einen prall gefüllten Stand bieten zu können. Die meisten ihrer Superheldenfotografien, die sie auf Holz aufzieht, liegen am Abend noch auf ihrem Platz. Ein Saxophon bläst einen traurigen Schlussakkord.
„Dreimal Dortmund, bitte!“ Alexander Heitkamp, der typographische Stadtansichten designt, lacht und rollt die gewünschte Menge an Drucken vorsichtig zusammen. „Die Dortmunder sind sehr lokalpatriotisch. In anderen Städten verkaufe ich immer eine bunte Mischung, aber hier: Nur Dortmund!“ Vor seinem Stand stehen gleich fünf Kunden. Der Sonntag will die Aussteller mit den Dortmundern versöhnen. Gesa Li Barthold, Projektmanagerin für kulturelle Projekte im Depot, ist erleichtert. „So ein Konzept wie der Design Gipfel ist natürlich immer toll, um neue Zielgruppen ins Haus zu locken. Wir sind froh, dass es heute besser läuft.“ Auch die beiden Organisatorinnen können aufatmen. Schließlich ist der nächste Termin für Dortmund schon in trockenen Tüchern und die Pläne der beiden machen hier nicht Halt: „Aus dem Designgipfelchen soll ein Gebirge werden!“, sagt Katherina. Sie schmunzelt dabei, doch man merkt, dass es ihr ernst ist. Die beiden jungen Frauen sind Anpackertypen. Patent hätte man früher gesagt. Erfahrungen mit Veranstaltungsmanagement hatten sie nicht, bevor sie im November 2010 den ersten Markt in Münster veranstaltet haben, aber „dadurch dass wir selbst Aussteller sind, haben wir Verständnis dafür, wie es ist, hinter einem Stand zu sitzen, ohne Pause machen zu können.“ Also verteilen sie zwischendurch Schokolade, Brezeln und Kaffee an ihre Aussteller. Auch eine Qualität.
Um 19 Uhr am Sonntagabend ist es geschafft. Pünktlich dreht der DJ die Regler runter. „Der Sonntag hat es auf jeden Fall rausgehauen.“ Heike Schell von „DasPinkeZimmer“ ist zufrieden. Doch nicht alle Standbesitzer wirken glücklich. Einigen sind die Dortmunder zu schüchtern, anderen fehlte ein hipperes Publikum. Manche wünschten sich die Veranstaltung wäre besser beworben worden. Networking ist eben doch nicht alles. Werden sie wiederkommen? Eine der Verkäuferinnen ist sich noch nicht sicher: „Da muss ich jetzt erst mal drüber schlafen!“ Die meisten Aussteller sehen müde aus. Viele fahren noch am selben Abend wieder nach Hause und das obwohl sie aus ganz Deutschland angereist sind. Es klappert und knistert wieder, als sie wie auf Kommando anfangen, ihre Habseligkeiten zu verpacken. Insgesamt jedoch wirkt alles ein bisschen gedämpfter als am Vortag. Auch das leise „Tschüss“ der Aussteller untereinander. Nächste Woche sehen sich viele von ihnen ja auch schon wieder. Auf einem anderen Markt. In einer anderen Stadt. In Dortmund erst wieder im September, wenn hier der nächste „Design Gipfel“ stattfindet. Vielleicht. Man wird sehen.
Mittlerweile sind auch im Ruhrgebiet Designmärkte an jeder Ecke zu finden und fast jedes Wochenende findet irgendwo ein anderer statt, so zumindest mein Gefühl (selbst zum damaligen Zeitpunkt hielt ich die Aussage für überspitzt, dass der Pott in dieser Hinsicht ein weißer Fleck auf der Landkarte sei, und habe deswegen auch ein Fragezeichen dahinter gesetzt). Vielen ist die Menge an Veranstaltungen sogar schon wieder zu viel und das Angebot zu unindividuell, weil auf vielen Märkten die gleichen Aussteller anzutreffen sind. Wenn Ihr aus dem Pott seid: Wie empfindet Ihr die Situation? Wenn Ihr woanders lebt: Wie verbreitet sind die Märkte bei Euch und als wie individuell empfindet Ihr sie? Und falls Ihr selbst Aussteller seid: Nehmt Ihr Veränderungen wahr und als wie treffend empfindet Ihr meinen Text zum Thema? Ich freue mich, Eure Meinung zu hören!
P.S. Die Bilder sind alle von diesem Wochenende. Ich habe die Fotos mit den Namen der Aussteller beschriftet, falls Ihr mal bei Ihnen vorbeischauen möchtet. Hier geht es zu Ponyhut, Wolfgang Philippi, Schwarzer Pfeffer, Ein Löffel voll Zucker (die Postkarten stammen allerdings, wie ich gerade erfuhr, vom Splitter-Label „The Essence of HASS“), knallbraun, nice nice nice und urbanplaces. Die namentlich genannten Austeller im Text findet Ihr in den Posts vom letzten Jahr verlinkt.
Pro Neonnazis und hirnloses Pack. Und pro Fee <3
Schön beschrieben, man hat alles sehr bildlich vor Augen und kann die Stimmung super nachempfinden. Ich komme grade von einem Handmade-Markt als Austeller, bin – wie jedes Mal – völlig kaputt und dein Post war das erste, was ich gelesen hab. Passt irgendwie, ich habe heute auch sehr viel über Veränderungen nachgedacht. Ich kann sie irgendwie gar nicht benennen, aber es ist wirklich anders geworden im Verlauf von ein oder zwei Jahren. Wie du schon schreibst, vieles gleicht sich inzwischen sehr, die Plätze werden immer knapper, vielleicht ist auch deswegen die Stimmung unter den Austellern gespannter. Ich weiß nicht genau. Ich muß da wohl erstmal eine Nacht drüber schlafen. 😉
Ich war noch nie auf`m Designmarkt. Weder dem Designgipfel noch einem anderen Markt. Ich bin ja eher der Dawanda / Onlineshopper. So ohne Menschenmenge und Geschubse und Gedränge.
Schade, dass mir dann solche grandiose Dinge wie der Neonnazi verborgen bleiben…
Ich bin zum ersten mal hier in Melbourne auf solche handmade-designmaerkte gegangen, in der Schweiz gab es das irgendwie (noch) nicht 🙂
Ich gehe immer gerne hin, zum bummeln, fotographieren und kaufen – aber Du hast Recht, auch hier wiederholen sich die Aussteller und angebotenen Produkte. Mein Lieblingsmarkt hier ist der Finders Keepers Market (http://www.thefinderskeepers.com/melbourne-markets.php) – super!!
Huhu Fee, ich empfinde es inzwischen auch nicht mehr so, dass die Handmade-Szene hier im Ruhrgebiet jetzt erst in Schwung kommt, sondern sie ist mitten im Schwung. Zudem ist es jetzt schon soweit, dass die Anzahl der Märkte zum einen zu groß ist (Anfang März waren an einem Sonntag in Essen und in Oberhausen Selfmade-Märkte) und es sind immer die selben Aussteller zu sehen. Die Szene ist nicht eng und begrenzt, sondern sehr weit. Aber auf den Märkten ist immer ein begrenzter Ausschnitt zu sehen und ausschließlich "die üblichen Verdächtigen" stellen dort aus. Öde und schade finde ich das.
Liebe Grüße
Natalie
Sehr schöne Fotos hast du da gemacht, danke! Jetzt komme ich auch mal dazu was zu schreiben :)!
Also, der Design Gipfel letztes Jahr war der erste Markt, auf dem ich meine Sachen verkauft habe. Im Laufe des letzten Jahres standen dann einige weiter Märkte auf dem Programm. Mein Terminkalender ist auch momentan ziemlich voll mit Märkten, die alle relativ in einer Ecke (Oberhausen, Dortmund, Essen, Bonn, Aachen…) sind. Dennoch habe ich das Gefühl, dass auf jedem Markt andere AusstellerInnen sind. Klar, ein paar Gesichter sieht man immer wieder (und freut sich), aber es kommen immer wieder neue dazu. Als Ausstellerin habe ich zwar nicht unendlich viel Zeit rum zu laufen, aber auf jedem Markt habe ich bisher 1-2 großartige Neuentdeckungen gemacht und Teile meiner Einnahmen gerne direkt wieder ausgegeben.
Bei den BesucherInnen habe ich auch nicht das Gefühl, dass es nervt einen Stand zum wiederholten Mal zu sehen. Viele freuen sich eher, wenn sie einen wieder erkennen, habe ich den Eindruck. Und bei jedem Markt sind ja auch immer wieder Leute, für die es der allererste Besuch auf so einem 'Kreativmarkt' ist und die es ganz verrückt und aufregend finden.
Ich finde, dass es eigentlich nicht genug dieser Märkte geben kann. Dann sind sie auch nicht nur 'an dem einen Wochenende und man muss umbedingt hin gehen', sondern man kann vielleicht schauen, wann es einem passt? Wir gehen ja auch nicht jeden Tag in die Stadt, nur weil die Läden offen haben und kaufen neue Kleidung.
Während des Studiums haben uns die Profs immer wieder gesagt, dass wir nicht nur für unsere KommilitonInnen gestalten sollen, sondern eben (leider?) für die etwas breitere Masse. Vielleicht ist es das Gleiche mit den Märkten? Wenn man sich eh schon viel und seit längerem bei dawanda und etsy umschaut, entsprechende Blogs und Magazine ließt und schon lange und viel auf Märkte geht, dann kommt einem das alles vielleicht nichtmehr so neu und individuell vor, wie in der 'Anfangszeit'. Für sehr viele ist 'das alles' aber eben noch genau so wie für uns (?) am Anfang.
Ich bin mir ehrlich gesagt nicht so ganz sicher, zu welchem Punkt ich bei diesem Kommentar kommen möchte, aber wollte doch gerne ein paar Gedanken hier lassen. Wünsche ein schönes, langes Wochenende. Alles Liebe, Anna